DNA-Methylierung: Gen-Schalter bewahren Erinnerungen
Um Erfahrungen wieder abrufen zu können, muss das Gehirn seine interne Verschaltung so umbauen, dass bestimmte Neurone für einige Signale empfänglicher und weniger empfindlich gegenüber anderen werden. Wie aber bleiben diese Umbaumaßnahmen über Wochen, Monate oder gar Jahre erhalten? Immer mehr kommen Forscher dahinter, dass dauerhafte Veränderungen eine Vielzahl genetischer Regulationsmechanismen voraussetzen. Beispielsweise muss die Zelle Gene aktivieren, die neue Synapsen herstellen.
Einen weniger offensichtlichen Mechanismus untersuchten jetzt Forscher um Courtney Miller vom Scripps Institute in Jupiter: die Genregulierung mittels DNA-Methylierung. Wie es scheint, merkt sich die Zelle auf diese Weise, dass sie Teil einer Gedächtnisbahn ist.
Denn wie Millers Versuche an Ratten ergaben, hängt die Informationsspeicherung ganz wesentlich vom Andocken so genannter Methylgruppen an bestimmte Gene ab. Die Methylgruppen wirken wie molekulare Bremsklötze, die das Ablesen derjenigen Gene, an denen sie haften, verhindern.
Der Zusammenhang zeigte sich, als die Forscher ihre Versuchstiere darauf konditionierten, einen bestimmten Ton mit einem leichten elektrischen Schlag in Verbindung zu bringen. Gleichzeitig unterbanden sie mit blockierenden Substanzen an kritischen Stellen im Hirn die Weitergabe von Zellsignalen, wodurch sie verhinderten, dass die Versuchstiere die sonst übliche Aversion gegen den Ton ausbildeten. Die anschließende Analyse ergab: Im Vergleich zu unbehandelten Ratten waren bei diesen Tieren Gene merklich weniger methyliert, die für Abläufe innerhalb von Neuronen zentral sind.
Dass die Methylierung nicht bloße Begleiterscheinung, sondern auch Voraussetzung für die Gedächtnisbildung ist, offenbarte sich in einem ähnlichen Experiment. Dabei injizierten die Forscher in ein wichtiges Gedächtnisareal, den anterioren zingulären Kortex, eine Substanz, die jegliche Anlagerung von Methylgruppen vereitelte. Auch hier zeigten die Ratten keinerlei Aversion gegen den Ton. Anders gesagt: Sie erinnerten sich nicht mehr an die Erlebnisse während der Konditionierung.
Allerdings hatte dieser Eingriff nur Erfolg, wenn er Tage nach dem Konditionierungsexperiment vorgenommen wurde. Spritzten die Wissenschaftler den Methylierungshemmer unmittelbar im Anschluss an die Konditionierung, blieb er wirkungslos. Damit bestätigt sich einmal mehr die Vorstellung, dass Gedächtnisinhalte nur dann dauerhaft gespeichert werden, wenn eine Vielzahl unterschiedlicher Mechanismen mit jeweils eigenem Zeitfenster nacheinander in Gang gesetzt werden.
Die fragliche Manipulation des Zellerbguts mittels Methylierung ist demzufolge ein Schritt, der erst Wochen nach dem Erlebnis zum Tragen kommt; genauer gesagt dann, wenn zuvor im Hippocampus parat gehaltene Erinnerungen in den anterioren zingulären Kortex "überspielt" werden.
Bei ihren Untersuchungen konzentrierte sich das Forscherteam beispielhaft auf ein bestimmtes Gen, CaN, das das Protein Calcineurin herstellt. Dieses Enzym spielt bekanntermaßen eine Rolle bei der Fixierung von Erinnerungen. Warum sein Gen allerdings methyliert vorliegen muss, wenn Inhalte längerfristig gespeichert werden sollen, sei noch völlig offen, so Miller und Kollegen. Möglicherweise schwäche die CaN-Blockierung die Empfindlichkeit der Zelle für andere Reize ab. Denkbar sei aber auch, dass dies die Zelle längerfristig in einen Zustand versetze, in dem sie leichter neue Synapsen herstellen kann. (jd)
Einen weniger offensichtlichen Mechanismus untersuchten jetzt Forscher um Courtney Miller vom Scripps Institute in Jupiter: die Genregulierung mittels DNA-Methylierung. Wie es scheint, merkt sich die Zelle auf diese Weise, dass sie Teil einer Gedächtnisbahn ist.
Denn wie Millers Versuche an Ratten ergaben, hängt die Informationsspeicherung ganz wesentlich vom Andocken so genannter Methylgruppen an bestimmte Gene ab. Die Methylgruppen wirken wie molekulare Bremsklötze, die das Ablesen derjenigen Gene, an denen sie haften, verhindern.
Der Zusammenhang zeigte sich, als die Forscher ihre Versuchstiere darauf konditionierten, einen bestimmten Ton mit einem leichten elektrischen Schlag in Verbindung zu bringen. Gleichzeitig unterbanden sie mit blockierenden Substanzen an kritischen Stellen im Hirn die Weitergabe von Zellsignalen, wodurch sie verhinderten, dass die Versuchstiere die sonst übliche Aversion gegen den Ton ausbildeten. Die anschließende Analyse ergab: Im Vergleich zu unbehandelten Ratten waren bei diesen Tieren Gene merklich weniger methyliert, die für Abläufe innerhalb von Neuronen zentral sind.
Dass die Methylierung nicht bloße Begleiterscheinung, sondern auch Voraussetzung für die Gedächtnisbildung ist, offenbarte sich in einem ähnlichen Experiment. Dabei injizierten die Forscher in ein wichtiges Gedächtnisareal, den anterioren zingulären Kortex, eine Substanz, die jegliche Anlagerung von Methylgruppen vereitelte. Auch hier zeigten die Ratten keinerlei Aversion gegen den Ton. Anders gesagt: Sie erinnerten sich nicht mehr an die Erlebnisse während der Konditionierung.
Allerdings hatte dieser Eingriff nur Erfolg, wenn er Tage nach dem Konditionierungsexperiment vorgenommen wurde. Spritzten die Wissenschaftler den Methylierungshemmer unmittelbar im Anschluss an die Konditionierung, blieb er wirkungslos. Damit bestätigt sich einmal mehr die Vorstellung, dass Gedächtnisinhalte nur dann dauerhaft gespeichert werden, wenn eine Vielzahl unterschiedlicher Mechanismen mit jeweils eigenem Zeitfenster nacheinander in Gang gesetzt werden.
Die fragliche Manipulation des Zellerbguts mittels Methylierung ist demzufolge ein Schritt, der erst Wochen nach dem Erlebnis zum Tragen kommt; genauer gesagt dann, wenn zuvor im Hippocampus parat gehaltene Erinnerungen in den anterioren zingulären Kortex "überspielt" werden.
Bei ihren Untersuchungen konzentrierte sich das Forscherteam beispielhaft auf ein bestimmtes Gen, CaN, das das Protein Calcineurin herstellt. Dieses Enzym spielt bekanntermaßen eine Rolle bei der Fixierung von Erinnerungen. Warum sein Gen allerdings methyliert vorliegen muss, wenn Inhalte längerfristig gespeichert werden sollen, sei noch völlig offen, so Miller und Kollegen. Möglicherweise schwäche die CaN-Blockierung die Empfindlichkeit der Zelle für andere Reize ab. Denkbar sei aber auch, dass dies die Zelle längerfristig in einen Zustand versetze, in dem sie leichter neue Synapsen herstellen kann. (jd)
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