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Radioastronomie: Genaue Ortsbestimmung für die produktivsten Galaxien im Universum

Mit Hilfe des Teleskopverbunds ALMA ist es einer Astronomengruppe gelungen, die Positionen von mehr als 100 der produktivsten sternenbildenden Galaxien im Universum mit unerreichter Genauigkeit zu bestimmen. Die genauen Positionen konnten dazu beitragen, ein die ungeheure Stern-Produktivität dieser Galaxien betreffendes Rätsel zu lösen. Sie zeigen auch, dass frühere Studien beträchtliche Probleme damit hatten, solche Galaxien überhaupt zuverlässig zu identifizieren – und wie sich diese Probleme durch präzise Messungen vermeiden lassen.
ALMA-Bilder von Galaxien mit ausgeprägter Sternentstehung

Submillimetergalaxien wurden in den späten 1990er Jahren entdeckt. Darin entstehen derart viele neue Sterne, dass diese Galaxien für einen nicht unbeträchtlichen Bruchteil der gesamten Energiefreisetzung aller Galaxien in der Geschichte des Universums verantwortlich sind. Ein Nebeneffekt der Entstehung vieler, und darunter auch vieler massereicher Sterne ist freilich die Produktion beträchtlicher Mengen an Staub. Tatsächlich sind Submillimetergalaxien im Extremfall so hinter Staubwolken verborgen, dass sie bei Beobachtungen mit sichtbarem Licht komplett unsichtbar bleiben. Erst bei Beobachtungen mit Hilfe von Submillimeterstrahlung – elekromagnetischer Strahlung mit Wellenlängen zwischen einigen Zehntel Millimetern und einem Millimeter – lassen sich diese Objekte und ihre Sternentstehungsaktivität vollständig erfassen. Weitere hilfreiche Daten liefern Infrarot- und Radiobeobachtungen.

Bisherige Submillimeter-Durchmusterungen dieser entfernten Objekte hatten mit mangelnder Detailschärfe zu kämpfen. Jetzt allerdings hat eine Forschergruppe unter der Leitung von Ian Smail von der Durham University in Großbritannien eine große und trotzdem detaillierte Durchmusterung von mehr als hundert Submillimetergalaxien veröffentlicht. Die Beobachtungen dafür wurden mit dem Teleskopverbund ALMA (Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array) in Chile durchgeführt – mit einer Auflösung, die das früherer Durchmusterungen um einen Faktor von mehr als 10 übersteigt. Für die Beobachtungen in einer Himmelsregion, die Extended Chandra Deep Field South heißt, wurden 15 der ALMA-Antennen so zusammengeschaltet, dass sie als ein einziges, sehr großes Teleskop agieren.

Das hohe Auflösungsvermögen der Durchmusterung hat bereits bei der Lösung eines Rätsels um die Submillimetergalaxien helfen können. Alexander Karim vom Argelander-Institut für Astronomie in Bonn und von der Durham University erklärt: "Vorher sah es so aus, als würden sich in den hellsten dieser Galaxien mehr als tausend Mal schneller neue Sterne bilden als in unserer Heimatgalaxie, der Milchstraße. Bei solchen Sternentstehungsraten wären die betreffenden Galaxien Gefahr gelaufen, sich regelrecht auseinander zu sprengen. Jetzt haben die ALMA-Bilder dort, wo wir einzelne, hyperaktive Galaxien vermutet hatten, jeweils gleich mehrere kleinere Galaxien gezeigt – jeweils mit merklich moderaterer Sternentstehungsaktivität."

Karim, ehemals Doktorand am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg, ist ein Mitglied des Durchmusterungsteams und Erstautor eines Fachartikels, in dem dieses Ergebnis der Durchmusterung präsentiert wird. Die jetzt veröffentlichte Durchmusterung liefert eine solide Basis, auf der weitere Untersuchungen von Submillimetergalaxien werden aufbauen können. Jacqueline Hodge vom Max-Planck-Institut für Astronomie, Erstautorin der Veröffentlichung, erklärt: "Astronomen nutzen verschiedene Arten von Strahlung, um Himmelsobjekte zu untersuchen. Aber das funktioniert nur, wenn man Objekte präzise lokalisieren kann – nur dann kann man sagen 'Ja, bei dieser Struktur hier in meinem Infrarotbild handelt es sich um das gleiche Objekt wie bei jener anderen Struktur dort in meinen Submillimeterdaten'." Die Durchmusterung zeigt, das bisherige Versuche, Submillimetergalaxien auch in Infrarot- und Radiobildern zu identifizieren, mit größeren Problemen zu kämpfen hatten. In etwa einem Drittel der Fälle kam dabei eine falsche Zuordnung heraus. Mit den genauen Submillimeter-Messungen ließen sich solche Fehler nun vermeiden.

Die Arbeit von Smail und Koautoren hat den Weg frei gemacht für die nächste Art von Untersuchungen: Beobachtungen bei noch höherer Auflösung, bei denen dann sämtliche 66 Antennen des inzwischen fertig gestellten ALMA-Antennenfelds zum Einsatz kommen. Solche Beobachtungen versprechen Antworten auf die Frage, wie Submillimetergalaxien eigentlich entstehen: In dem aus heutiger Sicht plausibelsten Szenario sind sie das Ergebnis der Kollision großer Galaxien. Die gegenseitige Gravitationsanziehung während der Kollision führt dabei zu einer Phase intensiver Sternentstehung. Hochauflösende Aufnahmen könnten Aufschlüsse über die Form der Galaxien geben und damit Spuren solcher Galaxienkollisionen sichtbar machen.

MPIA / Red.

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