News: Genaue Verfolgung der HIV-Infektion dank Gen-Chips
Je genauer der Angriff der HI-Viren auf das Immunsystem und die dabei stattfindenden Veränderungen bekannt sind, desto erfolgversprechender kann eine daraus resultierende Therapie sein. Diesen Ansatz verfolgte auch ein Forscherteam der University of California in San Diego, als sie ein ehrgeiziges Projekt in Angriff nahmen. Mit Hilfe von Gen-Chips und der anschließenden Auswertung der hierbei gewonnenen Daten durchleuchteten sie die ersten 72 Stunden einer HIV-Infektion.
Um die Genaktivität in den infizierten Zellen zu verfolgen, verwendete das von Jacques Corbeil geleitete Team Silizium-Chips, die mit DNA-Fragmenten von mehr als 7000 bekannten Gensequenzen bedeckt waren. Dann gaben die Forscher T-Zellen verschiedener HIV-Infektionsstadien – von 30 Minuten bis 72 Stunden nach Virenkontakt – auf diese Chips. Zum Vergleich analysierten sie eine Kontrollprobe gesunder Zellen zu denselben Zeitpunkten. Die DNA auf den Mikrochips suchte und fand daraufhin aktive Gene der exponierten Zelle, beide DNA-Stücke banden aneinander und produzierten dadurch einen Schnappschuss der momentanen Genaktivität, welche die Wissenschaftler dann mit einem entsprechenden Computerprogramm auswerten konnten.
Die Ergebnisse zeigten, wie effektiv HIV die Wirtszellen angreift und letztendlich die Regie übernimmt, indem das Virus seine eigene infektiöse DNA in die zelluläre Maschinerie des Wirtes integriert, schädliche Gene anschaltet und im Gegenzug wichtige Reparaturmechanismen außer Kraft setzt. Nur Stunden, nachdem das Virus die Wirtszelle betreten hat, unterdrückt es dessen Regulationsgene für eine konstante, gesunde Umgebung. Es zerstört essentielle Enzyme der Mitochondrien – Zellstrukturen, die als Kraftwerke der Zelle lebensnotwendige Energie zur Verfügung stellen. Andere Gene sind offensichtlich noch schneller betroffen, denn die Forscher fanden 500 abgeschaltete Gene – und das nur 30 Minuten nach dem ersten Viruskontakt mit den Immunzellen. Im Gegensatz dazu waren 200 Gene aktiv, die in gesunden Zellen eigentlich nicht zu Wort kommen sollten. Die Aktivierung bezieht sich auf zelluläre Abwehrmechanismen und "Selbstmordgene", welche die T-Zellen in den vorzeitigen Tod treiben.
Nachdem das Forschungsteam die beteiligten Gene identifizieren konnte, will sie nun ihre regulierenden Sequenzen finden. In diesen Genbereichen, den so genannten Promotoren, beginnt ihre Aktivierung oder Unterdrückung. Um neue Medikamente zu entwickeln, interessiert die Forscher nicht nur, welche Gene angeschaltet sind, sondern auch wie lange. Eine daraus resultierende Therapie könnte wirkungsvoller sein als die bislang eingesetzte Wirkstoff-Kombination.
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