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News: Gene für neue Fortsätze

Viele Wunden unseres Körpers können heilen, doch ist das Rückenmark verletzt, stehen die Chancen meist schlecht. Wissenschaftler suchen fieberhaft nach Methoden, mit denen sie das Wachstum der Nervenzellen erneut anregen können. Amerikanische Neurobiologen sind nun auf zwei Gene gestoßen, mit denen sie in genetisch veränderten Mäusen die für die Signalübertragung wichtigen langen Nervenfortsätze wieder zum Wachsen bringen konnten.
Es ist nur ein schmaler Strang, der uns Arme und Beine bewegen lässt. Und sind diese zentralen Nervenbahnen in unserem Rücken einmal durchtrennt, besteht für die Betroffenen bisher kaum Hoffnung, die gelähmten Gliedmaßen jemals wieder bewegen zu können. Denn die ausdifferenzierten Neuronen im Rückenmark sind offenbar nicht mehr in der Lage, neue Axone auszubilden – jene langen Fortsätze, welche die Signale im Körper weiterleiten.

Pate Skene und seine Kollegen von der Duke University konnten nun jedoch in Zellkulturen wie in transgenen Mäusen das Wachstum von Axonen wieder anregen, indem sie die Gene für zwei Regulationsproteine einbrachten. Schleusten die Forscher nur eines der beiden Gene ein, wuchsen die Zellen nicht so ausgeprägt in die Länge. Sie begannen dafür, sich reich zu verzweigen, was lokal neue Verknüpfungen begünstigen könnte, für die Überwindung größerer Strecken aber nicht ausreicht (Nature Neuroscience vom Januar 2001).

Die beiden Proteine, GAP-43 und CAP-23, kommen normalerweise im Wachstumskegel an der Spitze von Axonen vor. Bisher ist über ihre Rolle noch recht wenig bekannt, doch scheinen sie daran beteiligt zu sein, die biochemischen Signale in dem wachsenden Nervenfortsatz abzustimmen. Wissenschaftler wissen seit langem, dass die Gene für solche Substanzen in der Entwicklungsphase angeschaltet sind, in ausgewachsenen Organismen aber häufig stillgelegt werden. Manche von ihnen werden nach Verletzungen wieder reaktiviert, so auch die Gene für GAP-43 und CAP-23 – allerdings nur nach Schädigungen peripherer Nerven, nicht jedoch des Rückenmarks.

Die Wissenschaftler untersuchten die Wirkung der beiden Gene zunächst an Kulturen aus Zellen der Spinalnerven ausgewachsener Mäuse. Die Zellkörper dieser Neuronen liegen außerhalb des Rückenmarks und lassen sich darum leicht für Experimente isolieren. Als die Forscher dann ihre Ergebnisse in transgenen Mäusen überprüften, stellten sie fest, dass bei den genetisch veränderten Tieren die Wahrscheinlichkeit, die Axone des Spinalganglions zu regenerieren, gegenüber Kontrolltieren das 60-fache betrug.

Skene und seine Mitarbeiter waren sehr überrascht, dass schon zwei Gene ausreichten, um die verletzten Nervenfortsätze wieder wachsen zu lassen. "Wir haben ein solches Experiment bisher nicht gemacht, weil es kaum vorstellbar war, dass die Expression von nur einem oder zwei Genen sich so signifikant auf die neuronale Regeneration auswirken könnte. Die Anzahl hätte näher bei 50 oder gar 100 liegen können." Und auch Clifford Woolf vom Massachusetts General Hospital bezeichnet die Ergebnisse als "einen großen Fortschritt für das Verständnis davon, welche Moleküle nötig sind, verletzte Axone zum Wachstum über lange Strecken anzuregen".

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