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Genomforschung: Gene offenbaren Kreuzfahrer-Erbe im Nahen Osten

Im Nahen Osten kann der Glaube eines Menschen mehr über seine Gene verraten als seine Herkunft, berichtet ein Team von Genom-Forschern nach Erbgut-Analysen von mehr als 900 Bewohnern des Libanon. Dabei zeigte sich, dass die DNA-Sequenzen von verstreuten Vertretern einer Glaubensgemeinschaft sich oft ähnlicher sind als jene von zwar in der Nachbarschaft wohnenden, aber glaubensfremden Menschen. Solche religiös beeinflussten Fortpflanzungslinien hatten ihre Anfänge offenbar schon zu Zeiten der ersten Muslims und der Kreuzfahren, schlussfolgern die Genetiker aus typischen Mutationen in den einzelnen Gruppen.

Die Wissenschaftler um Pierre Zalloua von der Libanesisch-Amerikanischen Universität in Beirut hatten auf den Y-Chromosomen ihrer libanesischen Probanden nach typischen Punktmutationen gesucht und sie mit ihrem Vorkommen im Genom von achttausend Westeuropäern verglichen. Dabei zeigte sich, dass die so genannte WES1-Signatur des R1b-Haplotyps, die besonders bei Westeuropäern oft zu finden ist, auch im Erbgut einiger Libanesen vorkommt – allerdings deutlich häufiger bei christlichen Libanesen. Muslime im Libanon hingegen tragen andererseits vermehrt die Signatur des "J*(xJ2)-Haplotyps" – einer Mutationsverteilung, die typisch für die Bewohner der Arabischen Halbinsel ist.

Die Forscher sehen in der Verteilung Relikte, welche die historischen Eroberungen des Mittelalters hinterlassen haben. Seit dem 7. Jahrhundert waren Muslime von der Arabischen Halbinsel aus das Gebiet des Libanons eingedrungen, vom 11. bis 13. Jahrhundert herrschten hier dann christliche Kreuzritter aus Europa. Offenbar entstanden damals jeweils Fortpflanzungslinien, die bis zum heutigen Tage die jeweiligen Glaubensbrüder und -schwestern etwas enger miteinander verbandelten als mit dem Rest der Bevölkerung. (jo/cw)

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