News: Genervte Arterien
Yosuke Mukouyama, David Anderson und ihre Mitarbeiter vom California Institute of Technology in Pasadena verfolgten nun bei Mäuseembryonen, wie sich das feine Netzwerk über die Entwicklungsstadien hinweg entwickelt. Dazu markierten die Forscher sowohl Nerven und als auch Blutgefäße in der Haut der kleinen Nager. Schnappschüsse, die unter die Haut gingen, offenbarten dann das Geheimnis: Die Neuronen sind als erste da. Kurz nachdem die ersten Nervenleitungen auftauchen, wagen sich auch primitive Blutgefäße in die unbekannte Gegend vor – sie sind die Vorläufer der späteren Arterien.
Lassen sich diese Beobachtungen so deuten, dass die zuerst auftauchenden Nerven als Strippenzieher die zaghaften Blutbahnen auf den rechten Weg bringen? Auch auf diese Frage fanden Mukouyama und Anderson eine Antwort, als sie Mäuse mit einem entscheidenden genetischen Defekt untersuchten. Den Mutanten fehlte ein wichtiges Gen, um die langen Fortläufer der Nervenzellen, die so genannten Axone, in die richtige Richtung zu leiten. Anderen Forschergruppen war bereits aufgefallen, dass diese Tiere auf ein weitverzweigtes Nervennetz verzichten müssen. Das Team entdeckte in seinen Experimenten, dass sich nicht nur die Reihen der Nervenbahnen stark lichteten, sondern auch die Arteriendichte wesentlich geringer war als bei den Kontrolltieren.
Somit scheint klar zu sein, dass Arterien sich immer an den Axonen orientieren und ihnen bedingungslos folgen, sogar wenn die Nerven vom rechten Weg abkommen. Doch welchem molekularen Wink folgen die zarten arteriellen Vorläufer? Anscheinend machen die Neuronen auf sich aufmerksam, indem sie den so genannten vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor (VEGF) ausschütten und darüber den Aufbau des filigranen Bluttransportsystems dirigieren.
Auf Begeisterung stoßen die Ergebnisse auch bei ihren Fachkollegen. Als wahrhaft ungewöhnliche Arbeit bezeichnet etwa der Molekulargenetiker Peter Carmeliet von der Katholieke Universiteit Leuven in Belgien die Veröffentlichung seiner Kollegen. Für Judah Folkman von der Harvard University ist es sogar das eleganteste, was er in den letzten Jahren gelesen hat, da Mukouyama und Anderson keine Frage offen lassen, sondern eine nach der anderen beantworten.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.