Systematik: Genetiker schlagen neuen Tierstammbaum vor
Eine internationale Arbeitsgruppe von Genetikern und Zoologen fordert umfangreiche Änderungen an dem bisher geltenden Stammbaum der Tiere. Nach dem Ergebnis ihrer Genanalysen stehen etwa nicht mehr die einfach gebauten Schwämme an der Basis der vielzelligen Tiere, sondern die viel komplexer gebauten Rippenquallen.
Die Forscher um Casey Dunn von der Brown-Universität in Providence hatten insgesamt fast 40 Millionen Basenpaare aus dem Erbgut von 29 Arten aus 21 Tierstämmen analysiert. Zusätzlich zogen sie die bereits bekannten Genome weiterer Spezies – wie dem Menschen oder der Taufliege – heran, sodass sie 150 Gene bei 77 Tieren miteinander vergleichen konnten.
Die Genanalyse bestätigte die Existenz des Tierstamms der Weichtiere (Mollusca), zu denen Schnecken, Muscheln oder auch Tintenfische zählen. Gleichrangig hierzu fassen die Forscher jetzt zwei Arten aus dem alten Tierstamm der Tentaculata mit dem bisherigen Stamm der Schnurwürmer (Nemertini) zusammen. Diese Gruppe bildet wiederum nach Ansicht der Genetiker zusammen mit den Ringelwürmern (Annelida) eine Großgruppe, die mit den Weichtieren nah verwandt ist. Zusammen mit anderen Tierarten formiert sich diese Großgruppe zu den Lophotrochozoa – einer Untergruppierung der Reihe Protostomia, die schon die klassische Zoologie kannte.
Den Lophotrochozoa gegenüber stehen nach Ansicht der Forscher die Ecdysozoa, eine umstrittene Großgruppe mit sich häutenden Tieren. Hierzu zählt der kleine Stamm der Bärtierchen (Tardigrada) oder auch die Klassen der Fadenwürmer (Nematoda), Saitenwürmer (Nematomorpha) und Kinorhyncha aus dem bisherigen Stamm der Nemathelminthes, aber auch der artenreiche Tierstamm der Gliederfüßer (Arthropoda) mit Krebsen, Spinnen und Insekten. Dagegen soll es jetzt die Gruppe Mandibulata, zu denen bislang Krebse und Insekten zusammengefasst wurden, nicht mehr geben.
Am umstrittensten dürfte das Ergebnis sein, dass nicht mehr die Schwämme (Porifera) an der Basis der vielzelligen Tiere stehen sollen, sondern die Rippenquallen (Ctenophora), deren Körperbau viel weiter entwickelt erscheint. Die Forscher vermuten, dass entweder die Schwämme in ihrer Entwicklungsgeschichte wieder einfacher geworden sind, oder der komplexe Körperbau der Rippenquallen ist unabhängig von allen anderen Tieren entstanden.
Die biologische Systematik versucht ein natürliches System aller Arten aufzustellen, das die echten Verwandtschaftsverhältnisse widerspiegelt, die sich aus der Evolution ergeben haben. Während frühere Zoologen und Botaniker nur den Körperbau vergleichen konnten – und dabei mitunter auch falsche Schlüsse zogen –, steht heutigen Biologen mit der modernen Genetik und Molekularbiologe ein breiteres Methodenspektrum zur Verfügung. Dadurch werden immer wieder traditionelle Eingruppierungen im Stammbaum des Lebens angezweifelt. (aj)
Die Forscher um Casey Dunn von der Brown-Universität in Providence hatten insgesamt fast 40 Millionen Basenpaare aus dem Erbgut von 29 Arten aus 21 Tierstämmen analysiert. Zusätzlich zogen sie die bereits bekannten Genome weiterer Spezies – wie dem Menschen oder der Taufliege – heran, sodass sie 150 Gene bei 77 Tieren miteinander vergleichen konnten.
Die Genanalyse bestätigte die Existenz des Tierstamms der Weichtiere (Mollusca), zu denen Schnecken, Muscheln oder auch Tintenfische zählen. Gleichrangig hierzu fassen die Forscher jetzt zwei Arten aus dem alten Tierstamm der Tentaculata mit dem bisherigen Stamm der Schnurwürmer (Nemertini) zusammen. Diese Gruppe bildet wiederum nach Ansicht der Genetiker zusammen mit den Ringelwürmern (Annelida) eine Großgruppe, die mit den Weichtieren nah verwandt ist. Zusammen mit anderen Tierarten formiert sich diese Großgruppe zu den Lophotrochozoa – einer Untergruppierung der Reihe Protostomia, die schon die klassische Zoologie kannte.
Den Lophotrochozoa gegenüber stehen nach Ansicht der Forscher die Ecdysozoa, eine umstrittene Großgruppe mit sich häutenden Tieren. Hierzu zählt der kleine Stamm der Bärtierchen (Tardigrada) oder auch die Klassen der Fadenwürmer (Nematoda), Saitenwürmer (Nematomorpha) und Kinorhyncha aus dem bisherigen Stamm der Nemathelminthes, aber auch der artenreiche Tierstamm der Gliederfüßer (Arthropoda) mit Krebsen, Spinnen und Insekten. Dagegen soll es jetzt die Gruppe Mandibulata, zu denen bislang Krebse und Insekten zusammengefasst wurden, nicht mehr geben.
Am umstrittensten dürfte das Ergebnis sein, dass nicht mehr die Schwämme (Porifera) an der Basis der vielzelligen Tiere stehen sollen, sondern die Rippenquallen (Ctenophora), deren Körperbau viel weiter entwickelt erscheint. Die Forscher vermuten, dass entweder die Schwämme in ihrer Entwicklungsgeschichte wieder einfacher geworden sind, oder der komplexe Körperbau der Rippenquallen ist unabhängig von allen anderen Tieren entstanden.
Die biologische Systematik versucht ein natürliches System aller Arten aufzustellen, das die echten Verwandtschaftsverhältnisse widerspiegelt, die sich aus der Evolution ergeben haben. Während frühere Zoologen und Botaniker nur den Körperbau vergleichen konnten – und dabei mitunter auch falsche Schlüsse zogen –, steht heutigen Biologen mit der modernen Genetik und Molekularbiologe ein breiteres Methodenspektrum zur Verfügung. Dadurch werden immer wieder traditionelle Eingruppierungen im Stammbaum des Lebens angezweifelt. (aj)
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.