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News: Genetische Abwehr gegen Kartoffelfeinde

Zwei bis drei Milliarden Euro kostet sie jährlich - die Kraut- und Knollenfäule, eine Krankheit die Erntekartoffeln in unappetitlichen, übelriechenden Brei verwandeln kann. Jetzt gelang es Forschern, aus widerstandsfähigen Kartoffelsorten ein Gen zu isolieren, welches vor dem Fäulnisverusacher schützt. Damit legten sie eine vielversprechende Grundlage für die Züchtung weniger anfälliger Pflanzenvarianten.
In der Mitte des 19. Jahrhunderts führte eine verheerende Epidemie in Irland zu Hungerkatastrophen und einer beispiellosen Auswanderungswelle nach Nordamerika. Die Krankheit bedrohte die Nahrungsgrundlage der Iren, die Kartoffel. Auslöser der Pflanzenseuche war ein Pilz, Phytophthora infestans. Sein Name drückt aus, welche Auswirkungen er auf die von ihm infizierten Pflanzen hatte: Er greift sowohl Blätter als auch Stängel und Knollen an – und kann die Pflanze damit oft vollständig zerstören.

Auch heute noch zählt die von Phytophtora ausgelöste Kraut- und Knollenfäule weltweit zu den meist gefürchteten Krankheiten im Kartoffelanbau. Die jährlichen Ertragsverluste belaufen sich auf zwei bis drei Milliarden Euro. Die einzige Bekämpfungsstrategie gegen den Schadpilz ist intensiver Chemikalieneinsatz.

Bereits seit mehr als fünfzig Jahren versuchen Kartoffelzüchter den Einsatz von Pilzvernichtungsmitteln im Kartoffelanbau zu verringern – beispielsweise durch Züchtung resistenter Kartoffelsorten. Mehrfach wurden bereits widerstandsfähige Pflanzen, die man unter Wildformen der Kartoffel in Mexiko und Südamerika fand, in Kartoffelsorten eingekreuzt, der Erreger aber entwickelte immer neue genetische Varianten, die die angezüchtete Abwehreigenschaft der Kartoffel bald wieder überwanden.

Langfristig gewinnen kann die Pflanzenzüchtung dieses Wettrüsten mit der Pilz nur, so dachten sich Wissenschaftler des Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung, wenn die genetischen Grundlagen der pflanzlichen Widerstandsfähigkeit entschlüsselt werden. Nun gelang es den Forschern um Christiane Gebhardt ein Gen zu isolieren, das den Pflanzen Widerstandsfähigkeit gegen eine bestimmte Variante des Fäulniserregers vermittelt: das Resistenz-Gen R1. Fündig wurden sie auf dem fünften der zwölf Chromosomen der Kartoffel.

In seinem molekularen Aufbau ähnelt das R1-Gen anderen, bereits bekannten pflanzlichen Abwehr-Genen gegen Viren, Bakterien oder Fadenwürmer. Das R1-Gen bildet ein Protein von etwa 1300 Aminosäuren, das in Pflanzenzellen eine so genannte hypersensitive Reaktion auslöst: Es schlägt Alarm, sobald eine Pilzspore versucht, in eine Pflanzenzelle einzudringen. Daraufhin werden Abwehrreaktionen in Gang gesetzt, die die Ausbreitung des Pilzes erschweren. Beispielsweise werden die Zellwände verdickt und Stoffe gebildet, die für den Pilz giftig sind.

Das R1-Gen liegt in einem so genannten "Hot Spot" für Krankheitsabwehr – einem Abschnitt im Erbgut der Pflanze, in dem gehäuft Gene liegen, die an der Abwehr von verschiedenen Krankheiten und Fraßschädlingen beteiligt sind. Hier finden sich, neben den Resistenzgenen gegen die Kraut- und Knollenfäule, beispielsweise auch Gene zur Abwehr des Fadenwurms Globodera und des Kartoffelvirus X. Die lokale Häufung der Abwehr-Gene deutet darauf hin, dass diese alle verwandte Mitglieder eines "Familienclans" sind.

Welche und wie viele Gene an der quantitativen Resistenz gegen Kraut- und Knollenfäule beteiligt sind, weiß man bisher nicht. Da die meisten Abwehr-Gene strukturell ähnlich sind, haben die Forscher nun jedoch mit dem R1-Gen einen Prototypen in der Hand, mit dem sie weitere Gene aufspüren können. Auf diese Weise wird es möglich sein, die in der Pflanzenzüchtung so begehrte Abwehr-Eigenschaft der Kartoffel zu verstehen und damit besser für die Entwicklung neuer Sorten zu nutzen.

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