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News: Genetische U(h)rsachen

Wer sich morgens schlaflos im Bett wälzt und abends beim Essen die Augen reibt, der weist vielleicht eine winzige Mutation in seinem Erbgut auf, die seine innere Uhr durcheinander bringt. Von vielen Organismen sind Gene und ihre Proteine bekannt, welche den biologischen Tagesrhythmus steuern. Nun konnten Wissenschaftler auch bei Menschen mit einer seltenen Schlafstörung die genetische Ursache entschlüsseln.
Über "Morgenstund' hat Gold im Mund" können Nachtschwärmer nur müde lächeln. Für sie ist es die reinste Qual, zeitig aufzustehen. Andere hingegen – vor allem ältere Menschen – nicken schon oft früh am Abend ein und sind dann mitten in der Nacht hellwach. Wissenschaftler nennen dieses Phänomen Syndrom der vorverlagerten Schlafphase.

Solche verschiedenen Schlafrhythmen sind völlig normal. Stutzig wurden Louis Ptacek und seine Mitarbeiter von der University of Utah erst, als sie eine Familie entdeckten, in der einige Angehörige um sieben Uhr abends ins Bett fielen, um dann um zwei Uhr nachts putzmunter wieder aufzustehen. Als sie die Chromosomen der Betroffenen untersuchten, sind sie nun einem Gen auf die Spur gekommen, das anscheinend dafür verantwortlich ist. Während von Bakterien, Taufliegen und Mäusen schon einige Gene der inneren Uhren bekannt sind, ist dieses nun das erste Gen, das mit der inneren Uhr des Menschen zusammenhängt (Science Online-Veröffentlichung vom 12. Januar 2001).

Das Gen, hPer2, befindet sich an der Spitze des langen Arms von Chromosom zwei, ganz in der Nähe des Telomers. Als die Forscher das Gen sequenzierten, stellte sich heraus, dass nur eine einzige Base ausgetauscht ist. Die Folge davon jedoch ist gravierend: In dem daraus entstehenden Protein steht an der Stelle von Serin nun die Aminosäure Glycin – und das Protein lässt sich nicht mehr phosphorylieren. "Der circadiane Rhythmus wird wahrscheinlich über ein Gleichgewicht von Phosphorylierungen verschiedener Proteine gesteuert", erklärt Ptacek. Fällt ein solches Protein aus, kann offenbar die ganze innere Maschinerie durcheinander geraten.

Das aufgespürte Gen ist aber nur der erste Schritt auf einem noch weiten Weg, bis das System unserer inneren Uhr verstanden ist. So weisen beispielsweise andere Familien, in denen das Syndrom der vorverlagerten Schlafphase ebenfalls vererbt wird, keine Mutation in hPer2 auf. Ihre Chromosomen könnten darum weitere Gene aufdecken, die mit der biologischen Uhr zusammenhängen.

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