News: Genetischer Kuhhandel
Milch gehört zum täglich Brot - für die meisten Europäer zumindest. Dabei verfügen wir erst seit Beginn der Viehwirtschaft über die entsprechende enzymatische Ausstattung, um Kuhmilch zu verdauen. Rinder verursachten also genetische Veränderungen beim Menschen - ein Geschäft, das auf Gegenseitigkeit beruhte.
Trinken Sie regelmäßig Milch? Wenn Sie – wie anzunehmen ist – bereits dem Säuglingsalter entwachsen sind und bedenkenlos zu einem Glas Milch greifen können, dann verdanken Sie das einer kleinen genetischen Anpassungen Ihrer Vorfahren. Denn für etwa die Hälfte der Weltbevölkerung stellt Milch gar kein Genuss dar. Im Gegenteil: Mit Völlegefühl, Übelkeit und Durchfall rächt sich das Kuhprodukt.
Ursache der Milchunverträglichkeit, unter der vor allem erwachsene Afrikaner und Asiaten zu leiden haben, ist das Fehlen eines bestimmten Enzyms: beta-Galactosidase, auch Lactase genannt, spaltet den Milchzucker Lactose in seine Bestandteile Glucose und Galactose. Fehlt sie, dann bleibt die Lactose unverdaut im Darm zurück, zieht Wasser und macht so den Stuhl flüssig. Auch freuen sich viele im Darm siedelnde Bakterien über das unverhoffte Nahrungsangebot und verursachen Blähungen bis hin zu krampfartigen Bauchschmerzen.
Säuglinge sind davon in der Regel verschont. Sie verfügen über genügend hohe Lactase-Aktivität, um Milch zu verdauen. Für Erwachsene hatte die Natur Milch jedoch zunächst nicht vorgesehen, bis "vor kurzem" wurde die Enzymaktivität bei allen erwachsenen Menschen eingestellt.
"Vor kurzem" war vor etwas mehr als 8000 Jahren. Damals begannen Bauern irgendwo zwischen Norddeutschland, Nordpolen, Dänemark und Südschweden Rinder zu züchten und ihr Vieh nicht nur als lebende Fleischlagerstätten zu nutzen. Die Milchwirtschaft breitete sich von hier aus zunächst in ganz Europa aus und eroberte schließlich die ganze Welt.
Und mit ihr verbreitete sich die Fähigkeit, auch als Erwachsener Milch verdauen zu können: In Nord- und Mitteleuropa ist Lactose-Intoleranz fast unbekannt, im Mittelmeerraum beträgt der Anteil etwa 30 Prozent, in Ostasien wächst er auf 90 bis 100 Prozent. Das Zentrum der Lactoseverträglichkeit liegt im Bereich Südskandinavien, Norddeutschland und Nordpolen – also genau da, wo Archäologen Spuren der ersten neolithischen Milchwirtschaft gefunden haben.
Die Lactose-Toleranz gilt damit als Paradebeispiel dafür, wie schnell die Evolution genetische Veränderungen auch beim Menschen durchsetzen kann. Doch wie sieht es mit den Kühen aus? Hat die Domestikation durch den Menschen bei ihnen ebenfalls genetische Spuren hinterlassen?
Sie hat – wie jetzt Wissenschaftler aus Frankreich, Portugal, Irland, Deutschland, Italien, Großbritannien und Bulgarien nachweisen konnten. Die Forscher um Albano Beja-Pereira von der Université Joseph Fourier in Grenoble hatten 20 000 Rinder von 70 Zuchten in ganz Europa untersucht. Dabei interessierte sie die Variationsbreite für die sechs wichtigsten Milchproteine der Kühe.
Das Ergebnis war eindeutig: Die höchste Diversität dieser Proteine zeigen Rinder aus Norddeutschland, Nordpolen, Dänemark und Südschweden. Die Karte der Verbreitung dieser Diversität beim Rind ist nahezu deckungsgleich mit der geografischen Verbreitung der Lactose-Toleranz beim Menschen.
Kuh und Mensch haben sich also genetisch gegenseitig beeinflusst – sie tragen in ihrem Erbgut die Geschichte einer gemeinsamen Coevolution. Und dieses Erbe, so betonen die Forscher, hat auch Konsequenzen für die Zukunft: Denn durch ihre Vielfalt zeichnen sich gerade die Rinder Nord- und Mitteleuropas als kostbare genetische Ressource für zukünftige Viehzucht aus.
Ursache der Milchunverträglichkeit, unter der vor allem erwachsene Afrikaner und Asiaten zu leiden haben, ist das Fehlen eines bestimmten Enzyms: beta-Galactosidase, auch Lactase genannt, spaltet den Milchzucker Lactose in seine Bestandteile Glucose und Galactose. Fehlt sie, dann bleibt die Lactose unverdaut im Darm zurück, zieht Wasser und macht so den Stuhl flüssig. Auch freuen sich viele im Darm siedelnde Bakterien über das unverhoffte Nahrungsangebot und verursachen Blähungen bis hin zu krampfartigen Bauchschmerzen.
Säuglinge sind davon in der Regel verschont. Sie verfügen über genügend hohe Lactase-Aktivität, um Milch zu verdauen. Für Erwachsene hatte die Natur Milch jedoch zunächst nicht vorgesehen, bis "vor kurzem" wurde die Enzymaktivität bei allen erwachsenen Menschen eingestellt.
"Vor kurzem" war vor etwas mehr als 8000 Jahren. Damals begannen Bauern irgendwo zwischen Norddeutschland, Nordpolen, Dänemark und Südschweden Rinder zu züchten und ihr Vieh nicht nur als lebende Fleischlagerstätten zu nutzen. Die Milchwirtschaft breitete sich von hier aus zunächst in ganz Europa aus und eroberte schließlich die ganze Welt.
Und mit ihr verbreitete sich die Fähigkeit, auch als Erwachsener Milch verdauen zu können: In Nord- und Mitteleuropa ist Lactose-Intoleranz fast unbekannt, im Mittelmeerraum beträgt der Anteil etwa 30 Prozent, in Ostasien wächst er auf 90 bis 100 Prozent. Das Zentrum der Lactoseverträglichkeit liegt im Bereich Südskandinavien, Norddeutschland und Nordpolen – also genau da, wo Archäologen Spuren der ersten neolithischen Milchwirtschaft gefunden haben.
Die Lactose-Toleranz gilt damit als Paradebeispiel dafür, wie schnell die Evolution genetische Veränderungen auch beim Menschen durchsetzen kann. Doch wie sieht es mit den Kühen aus? Hat die Domestikation durch den Menschen bei ihnen ebenfalls genetische Spuren hinterlassen?
Sie hat – wie jetzt Wissenschaftler aus Frankreich, Portugal, Irland, Deutschland, Italien, Großbritannien und Bulgarien nachweisen konnten. Die Forscher um Albano Beja-Pereira von der Université Joseph Fourier in Grenoble hatten 20 000 Rinder von 70 Zuchten in ganz Europa untersucht. Dabei interessierte sie die Variationsbreite für die sechs wichtigsten Milchproteine der Kühe.
Das Ergebnis war eindeutig: Die höchste Diversität dieser Proteine zeigen Rinder aus Norddeutschland, Nordpolen, Dänemark und Südschweden. Die Karte der Verbreitung dieser Diversität beim Rind ist nahezu deckungsgleich mit der geografischen Verbreitung der Lactose-Toleranz beim Menschen.
Kuh und Mensch haben sich also genetisch gegenseitig beeinflusst – sie tragen in ihrem Erbgut die Geschichte einer gemeinsamen Coevolution. Und dieses Erbe, so betonen die Forscher, hat auch Konsequenzen für die Zukunft: Denn durch ihre Vielfalt zeichnen sich gerade die Rinder Nord- und Mitteleuropas als kostbare genetische Ressource für zukünftige Viehzucht aus.
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