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Agrarwissenschaft: Gengerüsteter Hartweizen trotzt Salzböden

Weizen

Brotweizen (Triticum aestivum), die wirtschaftlich wichtigste Sorte des Weizens, kann auch auf sehr salzigen Böden gut gedeihen, auf denen der mit ihm entfernt verwandte Hartweizen (Triticum turgidum durum), die Grundlage von Pasta, Couscous und Bulgur, nicht gut zurechtkommt. Die Ursachen liegen in verschiedenen Entsalzungstechniken, die der einen Art während der Jahrtausende andauernden Zucht- und genetischen Rekombinationsprozesse erhalten blieben und der anderen verloren gingen. Allerdings kann auch dem Hartweizen die Salztoleranz nachträglich wieder beigebracht werden, melden nun Getreidegentechniker aus Australien.

Hartweizen im salzigen Versuchsfeld | Ein Versuchsfeld im Norden der Provinz New South Wales in Australien. Hier wächst die neu gezüchtete Form des salztoleranten Hartweizens mit den leistungsfähigen Natriumtransportern aus dem Einkorn.

Als Genspender für die Salztoleranz diente den Forschern um Matthew Gilliham von der University of Adelaide dabei die ursprünglichste aller kultivierten Weizenarten, der Einkorn (Triticum monococcum). Auch dieser Weizen ist recht salztolerant: In seinen Nax2-Genen kodiert er einen Ionentransporter, der in den Membranen der Deckzellen des Wasserleitungssystems in den Wurzeln sitzt. Dort pumpt der Natriumtransporter ständig Ionen aus dem nach oben in die Blätter geleiteten Wassers. Damit schützt er die Pflanzen, deren Blätter bei zu hohen Natriummengen nicht mehr funktionieren.

Weizenzucht | Evolution des Saatweizens: Aus der Wildsippe Triticum boeticum züchteten die Bauern des Neolithikums die Kulturform Triticum monococcum (Einkorn) und aus dem durch Artbastardierung entstandenen tetraploiden Wildemmer (Triticum dicoccoides) die Kulturform Triticum turgidum (oder Triticum durum, den Hartweizen). Vor etwa 5000 bis 6000 Jahren entstand durch Kreuzung des Emmers mit dem Ziegenweizen (Triticum tauschii) der hexaploide Saat- oder Brotweizen (Triticum aestivum).

Gillihams Team gelang es nun, eine Weizenhybride aus Einkorn und Hartweizen zu züchten, die das Salztoleranz verleihende Nax2-Gen TmHKT1;5-A trägt. Diese Pflanze testeten die Forscher nun auf salzigen Böden – mit Erfolg: Sie erbrachte hier fast ein Viertel höhere Erträge als die normalen, unter guten Bedingungen sonst ertragreicheren Kontrollpflanzen ohne den Ionentransporter des Einkorns. Die Züchtung würde es demnach erlauben, Hartweizen besser auch auf salzigen Böden zu pflanzen.

Die Forscher hoffen, noch weitere genetische Vorzüge älterer Getreidesorten mit den Vorteilen neuer Kultursorten kombinieren zu können. So zeigen erste Resultate, dass auch der durch andere Mechanismen relativ salztolerante Brotweizen von dem Entsalzungsgen des Einkorns zusätzlich profitieren kann. Dies überraschte die Forscher, denn Einkorn ist – anders als Hartweizen – einer der Urahnen des modernen Weichweizens. Er hat in seiner jüngsten Züchtungshistorie demnach zunächst die Salztoleranzgene des Einkorns verloren und durch andere Mechanismen ersetzt, kann nun das verlorenen Entsalzungs-Knowhow seines Urahnen aber trotzdem zum weiteren Vorteil nutzen, wenn es ihm zuchttechnisch wieder beigebracht wird.

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