Grüne Gentechnik: Genmanipulation könnte helfen, auf Düngemittel zu verzichten
Fachleute haben einen biologischen Mechanismus gefunden, der die Symbiose von Pflanzen und Bodenmikroben fördert. Die Entdeckung könnte helfen, im Pflanzenanbau mit weniger Düngemitteln auszukommen. Das Team um Myriam Charpentier vom John Innes Centre am Norwich Research Park (Vereinigtes Königreich) berichtet darüber in der Fachzeitschrift »Nature«.
Viele Pflanzen gehen eine Symbiose mit Bodenmikroben ein. Dabei siedeln sich Bakterien- und Pilzzellen auf oder in den Pflanzenwurzeln an. Von dieser Lebensgemeinschaft haben beide Seiten etwas: Die Mikroben liefern wichtige Nährstoffe an die Pflanze, beispielsweise Phosphor- und Stickstoffverbindungen, und erhalten im Gegenzug von ihr Zucker. Symbiotische Beziehungen zwischen Pflanzen und Pilzen bezeichnen Fachleute als Mykorrhiza.
Ackerpflanzen benötigen viele Nährstoffe, um die gewünschten Erträge zu liefern, und werden deshalb oft stark gedüngt. Der massenhafte Einsatz von stickstoff- und phosphathaltigem Dünger führt jedoch zu vielen Umweltproblemen. Ließen sich Symbiosen zwischen Pflanzen und Bodenmikroben fördern, würde das die Nährstoffaufnahme der Pflanzen verbessern und den Einsatz von Düngemitteln teils verzichtbar machen. Allerdings treten symbiotische Beziehungen wie die Mykorrhiza bevorzugt in nährstoffarmen Böden auf – also gerade nicht unter den Bedingungen der intensiven Landwirtschaft. Das macht es schwer, sie im Ackerbau zu nutzen.
Verbessertes Miteinander
Charpentier und ihr Team haben herausgefunden, dass bestimmte Mutationen in cngc15-Genen ein Gewächs namens Gestutzter Schneckenklee (Medicago truncatula) dazu bringen, engere Lebensgemeinschaften mit Bodenmikroben einzugehen. Jene Gene steuern die Kalzium-Signalübertragung in den Pflanzenzellen. Wenn der Kalziumgehalt in den Zellkernen mit einer gewissen Frequenz schwankt, werden symbiotische Wechselbeziehungen der Zellen verstärkt, wie frühere Studien gezeigt hatten. Die Mutationen in den cngc15-Genen führen offenbar zu solchen Kalziumschwankungen. Brachten die Fachleute dieselben Genveränderungen in Weizenpflanzen ein, dann waren deren Wurzeln anschließend vermehrt von symbiotischen Bakterien und Pilzen besiedelt – sogar unter typischen Bedingungen des Ackerbaus. Dies verbesserte die Nährstoffaufnahme der Gewächse.
Laut Charpentier könnten die Resultate dazu beitragen, den Düngemitteleinsatz im Getreide- und Hülsenfruchtanbau zu verringern: »Unsere Ergebnisse bergen großes Potenzial für die Förderung einer nachhaltigen Landwirtschaft.« Die Entdeckung unterstreiche, wie wichtig Grundlagenforschung sei, um gesellschaftliche Herausforderungen zu bewältigen.
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