Bakteriengenom: Gentauschhandel im Inneren
Unterschätze niemals die Kleinen - sie können ziemlich gemein sein. Zum Beispiel die körperlich winzige Bakteriensippschaft um Pest-, Typhus- und Fleckfiebererreger: In diesen kleinen Krankmachern stecken noch ein paar unerkannte genetische Überraschungen.
Für gestandene Forscher ist es eine Ehre, nur für unbedarfte Laien eine zweifelhafte: Ein Wissenschaftler mit Herzblut ist geschmeichelt, wenn sein Lebenswerk in der Bakterio-, Parasito- oder generell Biologie dadurch geehrt wird, dass in die wissenschaftliche Bezeichnung eines neu entdeckten Lebewesens sein Name eingeht. Ob der amerikanische Pathologe Harold Taylor Ricketts das allerdings auch so sieht, wird nicht mehr herauszufinden sein. Nach Ricketts sind Rickettsien benannt, die der Arzt im Jahr 1909 als die tödlichen Erreger von Typhus beschrieben hatte. Er starb kurz darauf in Mexiko – an einer Typhusinfektion.
Die Erkrankung wird – wie die "Rickettsiosen" Anaplasmose, Fleck-, Q- und Felsengebirgsfieber sowie weiteren ähnlichen Malaisen von Mensch und Tier – durch winzige Bakterien verursacht, die im Inneren von Zellen leben und gedeihen. Gezüchtet und untersucht werden können sie daher nur auf lebendem Zellgewebe, was ihrer Erforschung seit Ricketts' Zeiten etwas im Wege stand. Lange Zeit galten sie als exotische Mischformen zwischen Viren und Bakterien, die über die Luft oder durch Läuse, Flöhe und Zecken übertragen werden.
In einem knappen Jahrhundert Forschung ist dann aber doch einiges Wesentliche über die Lebensgewohnheiten der Keime herausgefunden worden: Die Merkwürdigkeiten der Rickettsien sind wohl sämtlich ihrer intrazellulären, parasitären Lebensweise geschuldet. Der Lebensentwurf fordert einiges an Anpassungsarbeit im Stoffwechselgeschehen, der Vermehrungstaktik und den Ausbreitungsstrategien zwischen Kerbtier- und Wirbeltier-Wirtszellen. Grund genug, die winzigen Wesen endlich einem intensiven genetischem Check zu unterziehen, meinten nun Hiroyuki Ogata von der französischen Forschungsorganisation CNRS und seine Kollegen.
Schon der erste flüchtige Blick auf die ausgewerteten Genomdaten der Rickettsie überrascht Ogata und sein Team: Neben dem üblichen Hauptgenom entdeckten sie zusätzlich zwei kleinere ausgelagerte, selbstreplizierende DNA-Ringstrukturen, so genannte Plasmide – und zudem die Gene für charakteristische fädige Zellanhänge, sprich Pili, und weitere für den genetischen Austausch zwischen Bakterien bekannte Proteine. Eigentlich keine ganz ungewöhnliche Ausstattung von Bakterien. Bei Rickettsien aber war derartiges nun gar nicht zu erwarten.
Wie andere bisher untersuchte, strikt intrazellulär im Wirt hausende Formen sollte R. felis auf genetischen Austausch untereinander gänzlich verzichten – die Pili-abhängige Konjugation, bei der etwa die in Plasmiden enthaltenen Geninformationen ausgetauscht werden, würde entfallen. Der Erreger aber hält ganz offensichtlich nichts von dieser Lehrmeinung des generellen Genaustausch-Verzichtes von intrazellulären Bakterien: Die Forscher müssten wohl "diesbezüglich unsere festgefügte Meinung ändern", so Ogata.
Überhaupt zeichnet die Genomanalyse ein sehr dynamisch-bewegtes Bild vom Erbgut des winzigen Erregers: Viele so genannte Transposasen zum Ausschneiden und Wiedereinbauen von Genabschnitten und Spuren weiterer mobiler genetischer Mechanismen belegen, dass die Rickettsien ihr Genom routinemäßig ziemlich durcheinander wirbeln können. Außerdem haben die kleinen Zellschmarotzer wohl auch viele Gene von anderen Bakterien übernommen.
Vergleicht man die Genomstruktur mit anderen Bakterienverwandten – zum Beispiel dem Pesterreger Yersinia pestis –, dann springen besonders Ähnlichkeiten mit durch Flöhe übertragenen Arten ins Auge: Scheinbar verlangt Überleben in und Ausbreitung mittels der Flöhe besondere Maßnahmen, die sich dann in der Genaustattung niederschlagen. Erkenntnisse wie diese, so Ogata, könnten übrigens ziemlich schnell auch bei ziemlich vielen anderen Bakterienspezies zu gewinnen sein: Zwischen dem ersten Isolieren einer Keimkolonie bis hin zur vollständigen Genomanalyse lägen mit modernen Methoden nur gerade einmal sieben Stunden Laborarbeit, die das Wissenschaftler-Allgemeinwissen um bakterielles Infektions-Know-how entscheidend nach vorne bringen können.
Die Erkrankung wird – wie die "Rickettsiosen" Anaplasmose, Fleck-, Q- und Felsengebirgsfieber sowie weiteren ähnlichen Malaisen von Mensch und Tier – durch winzige Bakterien verursacht, die im Inneren von Zellen leben und gedeihen. Gezüchtet und untersucht werden können sie daher nur auf lebendem Zellgewebe, was ihrer Erforschung seit Ricketts' Zeiten etwas im Wege stand. Lange Zeit galten sie als exotische Mischformen zwischen Viren und Bakterien, die über die Luft oder durch Läuse, Flöhe und Zecken übertragen werden.
In einem knappen Jahrhundert Forschung ist dann aber doch einiges Wesentliche über die Lebensgewohnheiten der Keime herausgefunden worden: Die Merkwürdigkeiten der Rickettsien sind wohl sämtlich ihrer intrazellulären, parasitären Lebensweise geschuldet. Der Lebensentwurf fordert einiges an Anpassungsarbeit im Stoffwechselgeschehen, der Vermehrungstaktik und den Ausbreitungsstrategien zwischen Kerbtier- und Wirbeltier-Wirtszellen. Grund genug, die winzigen Wesen endlich einem intensiven genetischem Check zu unterziehen, meinten nun Hiroyuki Ogata von der französischen Forschungsorganisation CNRS und seine Kollegen.
Die Forscher richteten ihre Aufmerksamkeit auf den neuesten Emporkömmling der Gruppe: Rickettsia felis wurde erst in den 1990er Jahren beschrieben, bald aber als bislang unerkannter, vom Katzenfloh Ctenocephalides felis übertragener Auslöser von Rickettsiosen des Menschen in Europa, Asien und Amerika entlarvt. Immerhin 16 Prozent aller Flöhe tragenden Katzen transportieren, laut einer in England durchgeführten Studie, auch R. felis als potenziell gefährlichen Passagier.
Schon der erste flüchtige Blick auf die ausgewerteten Genomdaten der Rickettsie überrascht Ogata und sein Team: Neben dem üblichen Hauptgenom entdeckten sie zusätzlich zwei kleinere ausgelagerte, selbstreplizierende DNA-Ringstrukturen, so genannte Plasmide – und zudem die Gene für charakteristische fädige Zellanhänge, sprich Pili, und weitere für den genetischen Austausch zwischen Bakterien bekannte Proteine. Eigentlich keine ganz ungewöhnliche Ausstattung von Bakterien. Bei Rickettsien aber war derartiges nun gar nicht zu erwarten.
Wie andere bisher untersuchte, strikt intrazellulär im Wirt hausende Formen sollte R. felis auf genetischen Austausch untereinander gänzlich verzichten – die Pili-abhängige Konjugation, bei der etwa die in Plasmiden enthaltenen Geninformationen ausgetauscht werden, würde entfallen. Der Erreger aber hält ganz offensichtlich nichts von dieser Lehrmeinung des generellen Genaustausch-Verzichtes von intrazellulären Bakterien: Die Forscher müssten wohl "diesbezüglich unsere festgefügte Meinung ändern", so Ogata.
Überhaupt zeichnet die Genomanalyse ein sehr dynamisch-bewegtes Bild vom Erbgut des winzigen Erregers: Viele so genannte Transposasen zum Ausschneiden und Wiedereinbauen von Genabschnitten und Spuren weiterer mobiler genetischer Mechanismen belegen, dass die Rickettsien ihr Genom routinemäßig ziemlich durcheinander wirbeln können. Außerdem haben die kleinen Zellschmarotzer wohl auch viele Gene von anderen Bakterien übernommen.
Vergleicht man die Genomstruktur mit anderen Bakterienverwandten – zum Beispiel dem Pesterreger Yersinia pestis –, dann springen besonders Ähnlichkeiten mit durch Flöhe übertragenen Arten ins Auge: Scheinbar verlangt Überleben in und Ausbreitung mittels der Flöhe besondere Maßnahmen, die sich dann in der Genaustattung niederschlagen. Erkenntnisse wie diese, so Ogata, könnten übrigens ziemlich schnell auch bei ziemlich vielen anderen Bakterienspezies zu gewinnen sein: Zwischen dem ersten Isolieren einer Keimkolonie bis hin zur vollständigen Genomanalyse lägen mit modernen Methoden nur gerade einmal sieben Stunden Laborarbeit, die das Wissenschaftler-Allgemeinwissen um bakterielles Infektions-Know-how entscheidend nach vorne bringen können.
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