Synthetische Biologie: Gentechniker bauen analoge Datenspeicher aus Bakterien
Synthetik-Biologie-Bastlern vom MIT ist es gelungen, Bakterien in bessere und vielfältigere lebendige Mess- und Speicherinstrumente umzubauen. Ihre Keime reagieren nun auf unterschiedliche Umweltreize – sei es die Präsenz eines Toxins oder das Fehlen von Nährstoffen – und speichern das Ereignis dauerhaft an gezielt auswählbaren Stellen im Erbgut. Dort kann die Information sofort aktiv Signale geben – etwa durch Anschalten eines bestimmten Gens – oder später ausgelesen werden. Außerdem erlaubt die Technik, die Dauer der Einwirkung eines Reizes oder seine Stärke zu speichern – mithin also analoge Reizqualitäten aufzuzeichnen statt wie bisher nur digitale Entweder-oder-Informationen.
Die Forscher hatten in ihren Versuchen einen schon seit Längerem bekannten Ansatz namens SCRIBE (synthetic cellular recorders integrating biological events) perfektioniert. Bei diesem programmierbaren modularen Ansatz werden mehrere zusammen agierende Enzymwerkzeuge in die Bakterien integriert. Im Grundprinzip meldet dabei zunächst ein ausgewählter Zellsensor den zu messenden Reiz – im Demonstrationsexperiment war dies ein Lichtblitz, der einen optogenetischen Schalter anregt. Dieser aktiviert nun ein Zellwerkzeug, welches einen kurzen DNA-Einzelstrang aufbaut, der dann durch eine spezielle Rekombinase an einem ausgewählten Zielpunkt in das Erbgut der Bakterien eingebaut wird. Dort kann man die abgespeicherte Information – "Es gab einen Lichtblitz" – durch Gensequenzierung auslesen; und dies auch noch in allen Nachfolgegenerationen des Bakteriums. Alternativ macht sich der eingebaute Abschnitt auch sofort von außen sichtbar, indem er etwa ein Reportergen einschaltet oder verschiedene andere Reaktionen anstößt.
Zudem gelang es dem MIT-Team, etwa die Dosis oder Wirkungsdauer von Reizen abspeicherbar zu machen. Dazu setzten sie eine ganze Kolonie von Bakterien ein, die individuell alle ein wenig unterschiedlich auf einen Reiz reagieren. Die Anzahl der Alarm schlagenden Keime macht aus einem digitalen Signal ein analoges, denn statt einer Schwarz-Weiß-Antwort ("Reiz vorhanden oder nicht") erhält man einen gemittelten Grauton, also eine differenziertere Information: Es reagieren etwa auf ein schwaches Lichtsignal nur wenige, besonders sensible Koloniemitglieder; auf einen stärkeren aber deutlich mehr.
Eine konkrete und nützliche Anwendung für den bakteriellen Analogspeicher gibt es bisher noch nicht. Im Prinzip ist das modulare System aber sehr flexibel, so die Forscher: Es könnte in Zukunft angepasst werden, etwa um Bakterien im Darm oder in bestimmten Umweltbiotopen Sensoraufgaben zu übertragen.
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