Gletscher: Riesiges Eisschelf hüpft täglich
Das Ross-Eisschelf ist das größte der Antarktis, seine Fläche entspricht derjenigen von Frankreich. Dennoch kann sich diese gewaltige Masse sprungartig vorwärts bewegen, wie das Team um Douglas Wiens von der Washington University in St. Louis mit Hilfe von GPS-Daten feststellen konnte: Ein- bis zweimal täglich schiebt sich diese riesige Eisdecke schnell um sechs bis acht Zentimeter vorwärts.
Ursache dieser Bewegung sind elastische Wellen, die sich durch das Eis fortbewegen. Sie werden wiederum durch den Whillans-Gletscher ausgelöst, der vom westantarktischen Festland zum Schelfeis strömt und sich dabei deutlich schneller bewegt als die ihn umgebenden Eismassen. Allerdings fließt auch diese Eiszunge nicht kontinuierlich vorwärts, sondern sie bleibt regelmäßig stecken – vermutlich wegen erhöhter Reibung.
Unterhalb des Gletschers befindet sich normalerweise Schmelzwasser, das während der Bewegung durch Reibungswärme entsteht und wie ein Schmiermittel wirkt. Fehlt es, etwa weil es versickert oder durch eine Schwelle erst einmal gestaut wird, vergrößert sich die Reibung, und das Eis wird in diesem Bereich gebremst. Rückwärtig strömt der Gletscher jedoch mit normaler Geschwindigkeit weiter und baut dabei Druck auf den langsameren Teil auf – bis dieser dem Druck nicht mehr standhält und ruckartig nach vorne geschoben wird.
Dieser Impuls setzt sich dann wellenartig durch das gesamte Eisschelf fort und bringt es in Schwingung sowie erhöhte Bewegung, was über GPS-Daten dann gut messbar ist. Die elastischen Wellen selbst wurden über Seismometer erfasst, die seit 2014 auf dem Eisschelf installiert sind.
Der Whillans-Gletscher wiederum schießt während der Blockadelösung nicht nur vorwärts, sondern wird ebenso in die Höhe gedrückt: um bis zu 40 Zentimeter. Diese Dynamik erinnerte die Forscher an Erdbeben, wenn Erdplatten sich mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten bewegen und sich dabei Druck aufbaut. Im Gegensatz zu diesen seismischen Ereignissen würde ein Beobachter die Bewegung auf dem Eisschelf kaum bemerken, da sie sich über mehrere Minuten hinweg erstreckt. Nur mit Instrumenten sei sie nachweisbar, schreiben Wiens und Co. Und deshalb sei sie so lange unbemerkt geblieben.
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