Geophysik: Droht ein weiteres Starkbeben in Fukushima?
Das schwere Beben, das am 11. März 2011 die Region nördlich von Tokio getroffen hat und neben einem verheerenden Tsunami auch die Havarie der Kernreaktoren von Fukushima-Daiichi verursachte, könnte langfristig das seismische Risiko vor Ort beträchtlich erhöht haben. Laut den Studien von Dapeng Zhao von der japanischen Tohoku-Universität und seinen Kollegen hat die damalige Erschütterung der Stärke 9 wahrscheinlich eine Verwerfungslinie reaktiviert, die in unmittelbarer Nähe der betroffenen Kernkraftwerke verläuft.
Das schließen die Geophysiker aus der Analyse von 6000 kleineren und größeren Erdbeben, die zwischen Juni 2002 und Oktober 2011 in und rund um Japan auftraten. Mit Hilfe der dadurch ausgelösten Schwingungen lässt sich ein Bild der regionalen Verwerfungslinien erarbeiten und abschätzen, unter welchem geotektonischen Stress sie stehen könnten. Demnach erstrecken sich Schwächezonen im näheren Umfeld der Kernkraftanlage und unter der Stadt Iwaki am Rand der Fukushima-Sperrzone: Sie ähneln jener Bruchstelle, die vor einem Jahr den Tremor ausgelöst hatte. Im Umfeld von Iwaki kam es am 11. April 2011 bereits zu einem heftigen Nachbeben der Stärke 7, was den Druck auf die zwischen beiden verlaufende Fukushima-Verwerfung weiter erhöht.
Erleichtert wurde dieses Nachbeben durch Schmierstoffe, die aus der unter Japan abtauchenden Pazifischen Platte nach oben gelangen werden und die Reibung zwischen den Krustenblöcken herabsetzen: Der Druck und die erhöhten Temperaturen durch die Subduktion sorgen dafür, dass Kristallwasser aus den Gesteinen freigesetzt wird, das leichter ist als das umgebende Material und somit aufsteigt. Diese Flüssigkeit könnte zusammen mit der erhöhten Spannung nun dafür sorgen, dass auch die Fukushima-Störung bald bricht und ein erneutes schweres Beben mit sich bringt – was die nur notdürftig gesicherten Reaktorblöcke erneut schwer in Mitleidenschaft ziehen könnte.
Dass diese Schwächezone wiederbelebt wurde, zeigt sich auch in der Zahl der insgesamt gemessenen Erdstöße: Während die Erde in den neun Jahren vor dem 11. März nur 1300-mal zitterte, geschah dies in den neun Monaten danach 24 000-mal. Angesichts des mit hoher Wahrscheinlichkeit in naher Zukunft drohenden Bebens fordern die Forscher, dass die Reaktoren zügig gegen weitere Schäden gesichert werden.
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