News: Geregelte Erbkrankheiten
David Valle und seine Kollegen vom Howard Hughes Medical Institute verfolgten diesen Ansatz für 923 bereits bekannte Gene für Erbkrankheiten. Sie ordneten die Gene anhand der Funktion ihrer Proteine in vier Gruppen. Zunächst gliederten sie diejenigen aus, die für Enzyme codieren und damit eine wichtige Rolle im Stoffwechsel spielen. Die zweite Gruppe umfasst Gene, deren Proteine die Funktion eines anderen Proteins beeinflussen, zum Beispiel indem sie es stabilisieren, aktivieren oder falten. Die dritte Einheit codiert für Rezeptoren, die als Bindungsstelle für andere Moleküle dienen. Und die letzte Gruppe schließlich enthält die Information für Transkriptionsfaktoren, die an die DNA binden und dafür sorgen, dass die DNA abgelesen und über weitere Schritte in Proteine umgesetzt wird.
Anschließend bewerteten sie die einzelnen Gene nach den klinischen Ausprägungen der Krankheiten: Wann diese einsetzen, wie sie vererbt werden, wie häufig sie auftreten, wie schwer die Folgen sind, welche Gewebe betroffen sind, welche Missbildungen auftreten und vieles mehr. Dabei stellten sie verblüffend viele grundlegende Prinzipien fest.
So liegen den Missbildungen, die bereits während der Schwangerschaft auftreten, meist Gene für Transkriptionsfaktoren zugrunde. Das unterstreicht nach Valle deren Bedeutung in der embryonalen Entwicklung. Handelt es sich jedoch um Krankheiten, die erst im ersten Lebensjahr in Erscheinung treten, sind meist defekte Enzyme – und damit die entsprechenden Gene – dafür verantwortlich. Sie zeigen sich erst nach der Geburt, da der Stoffwechsel der Mutter Enzymausfälle des Fötus kompensieren kann. Mutationen in Genen für Rezeptoren offenbaren sich meist bis zur Pubertät, während Krankheiten, die auf defekte "Hilfsproteine" zurückgehen, vor allem im frühen Erwachsenenalter einsetzen.
Auch über den Vererbungsweg konnten die Forscher einige Regeln entdecken. So werden beispielsweise Krankheiten, die auf defekten Enzymen beruhen, meist rezessiv vererbt – das heißt, beide Elternteile müssen das mutierte Gen tragen und an ihren Nachwuchs weitergeben. Schädigungen, die auf nicht funktionierende Transkriptionsfaktoren zurückgehen, sind hingegen meist dominant – es muss also nur eine der beiden Genkopien beschädigt sein.
Valle hofft, dass nun in der Zeit nach dem Humangenomprojekt zahlreiche noch unbekannte Gene für Erbkrankheiten identifiziert werden. Vergleichbare Analysen sollten dann weitere Muster in den genetischen Grundlagen vererbter Krankheiten ans Licht bringen. "Das ist ein klassisches Beispiel dafür, wie man einen Schritt zurückgeht und den ganzen Wald anstatt einzelner Bäume betrachtet."
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