Direkt zum Inhalt

News: Gerupftes Germanium dreht durch

Mit Hilfe der ultrafeinen Spitze eines Rastertunnelmikroskops entwickelte sich bereits so mancher Physiker zum meisterlichen Feinmechaniker, und für viele gehört das Bearbeiten einzelner Atome zum Tagesgeschäft. Als Forscher nun ein Atom aus einer Germaniumoberfläche herauszupften, lösten sie dabei eine Kettenreaktion aus. Die Technik könnte dazu genutzt werden, um Katalysatoren in winzige, nur Nanometer große, chemische Reaktionsgefäße zu bringen.
Wie sich der Physiker Gérald Dujardin von der Université Paris in Orsay ausdrückte, war die Entdeckung reine Glückssache. Ursprünglich wollte das Forscherteam die Möglichkeit untersuchen, Informationen auf einer Germaniumoberfläche zu speichern. Dazu legte es dort mittels eines Rastertunnelmikroskops einatomige Grübchen an. Die Wissenschaftler hofften, daß sich daran jeweils zwei Sauerstoffatome anhängen und eine Erhebung erzeugen – ähnlich einem Punkt der Blindenschrift. Im Labor verhielt sich jedoch alles ganz anders: Ein benachbartes Germaniumatom sprang auf die Sauerstoffatome und bildete ein neues Grübchen. Hiernach wurde die Grube durch weitere Sauerstoffatome angefüllt, und ein neues Germaniumatom fühlte sich angezogen... "Zu unserem Erstaunen", erinnert sich Dujardin, "hatten wir eine Kettenreaktion ausgelöst."

Bei den richtigen Bedingungen bezüglich Temperatur und Sauerstoffdruck kann sich diese Reaktion über die gesamte Germaniumoberfläche fortpflanzen. Von ihrem Ergebnis berichtete die Gruppe in Physical Review Letters vom 26. April 1999.

Jetzt sucht das Team nach komplexeren Atomstrukturen, die mit anderen Elementen als Sauerstoff reagieren würden, zum Beispiel mit Metallen. Derartige Strukturen könnten als Katalysatoren für bestimmte Reaktionen an nanochemische Reaktoren angehängt werden. Das Resultat zeigt, wie leistungsfähig ein Rastertunnelmikroskop eine Atomoberfläche sowohl darstellen als auch verändern kann, erläutert Phaedon Avouris, verantwortlich für Wissenschaft und Technologie im Nanometerbereich im T. J. Watson Research Center in Yorktown Heights, New York. "Es ist die erste Studie, bei der eine Reaktion mittels einzelner Atome präpariert und seine Chemie genau untersucht wurde", sagt der Forscher.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.