News: Geschichte geht durch den Magen
Im nordindischen Ladakh treffen Menschen unterschiedlicher Herkunft, Religion und Weltanschauung aufeinander. Die Unterschiede reichen tief - bis in den Magen.
Das spiralförmige Bakterium Helicobacter pylori – den meisten wahrscheinlich nur bekannt als lästiger Verursacher von Magenbeschwerden und Magengeschwüren ist für Humangenetiker aus einem ganz anderen Grund noch interessant: Der stete und hartnäckige Begleiter der Menschheit eignet sich auch, kurzfristige Bevölkerungsbewegungen aufzudecken.
Mit diesem Hintergedanken machten sich Thierry Wirth und seine Kollegen vom Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie in Berlin auf den Weg nach Ladakh, einer kargen Bergregion im Norden von Indien. Warum gerade Ladakh in der Provinz Kaschmir das ideale Forschungsgebiet darstellt, erklärt sich durch den regen Mix an Kulturen und Religionen, einer gut überlieferten Besiedlungsgeschichte, aber auch durch seine Abgeschiedenheit.
Die ersten Siedler in Ladakh waren wahrscheinlich Darden, ein Volk aus dem westlichen Himalaya mit mongolischen Einflüssen. Etwa vor 1000 Jahren wanderten Schafhirten und Nomaden aus Tibet in das Gebiet ein. Die heutigen Buddhisten sind Nachkommen von Mongolen und vom Äußerlichen den Tibetern recht ähnlich. Im Gegensatz dazu stammen die Arghuns, zu der die Mehrheit der heutigen Muslime zu rechnen ist, von den Sufimeistern ab, die im Mittelalter von Pakistan nach Ladakh drängten. In den folgenden 500 Jahren haben Buddhisten und Muslime sich weitgehend getrennt voneinander entwickelt, denn die beiden Gruppen mischten sich aufgrund der religiösen und kulturellen Differenzen praktisch nicht.
Ein halbes Jahrtausend Isolation dürfte sich im Erbgut der Menschen allerdings nur schwer nachweisen lassen – also untersuchten die Forscher neben der menschlichen DNA auch das Erbgut der jeweiligen Magenbakterien. Da Helicobacter vor allem von den Eltern an die Kinder weitergegeben wird, lässt sich mit den ungeliebten Keimen gut "Familiengeschichte" schreiben.
Die Forscher untersuchten Gewebeproben von 50 Patienten, die zu Diagnosezwecken eine Magenspiegelung über sich ergehen lassen mussten. Wie erwartet, erwies sich das Erbgut der Menschen als zu konservativ, um getrennte Wege der beiden Religionsgruppen zu offenbaren. Die Helicobacter-Vertreter jedoch zeigten klar den Glaubensspalt.
Die Magenbakterien der Buddhisten spiegeln deutlich den kräftigen Zustrom von Einwanderern wider: Ihr Erbgut bietet ein buntes Gemisch verschiedener Varianten. Ein ganz anderes Bild bietet sich bei den Muslimen: Bei ihnen zeigt Helicobacter eine verblüffend ursprüngliche Ausstattung, ohne großartige Erneuerungen. Nur drei der 18 untersuchten Proben lassen auf eine Vermischung von muslimischen Einwanderern aus dem Nahen Osten mit Ladhakis schließen.
Warum aber offenbart sich der Zustrom der tibetisch-mongolischen Neubürger nicht auch bei den Muslimen? Zwei Erklärungen halten die Wissenschaftler für möglich: Vielleicht ereignete sich der Hauptzustrom erst zu einer Zeit, als Buddhisten und Muslime bereits strikt getrennte Wege gingen. Oder aber der Wechsel zum islamischen Glauben aufgrund späterer Missionierungen betraf vor allem Ladhakis anderer Religionen als dem Buddhismus, bei denen das Erbgut der Magenbesiedler ebenfalls wenig Durchmischung erfahren hatte – ein Ergebnis, das auch gut zu den geographisch sehr begrenzten Besiedlungsgebieten der Muslime passen würde.
Mit diesem Hintergedanken machten sich Thierry Wirth und seine Kollegen vom Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie in Berlin auf den Weg nach Ladakh, einer kargen Bergregion im Norden von Indien. Warum gerade Ladakh in der Provinz Kaschmir das ideale Forschungsgebiet darstellt, erklärt sich durch den regen Mix an Kulturen und Religionen, einer gut überlieferten Besiedlungsgeschichte, aber auch durch seine Abgeschiedenheit.
Die ersten Siedler in Ladakh waren wahrscheinlich Darden, ein Volk aus dem westlichen Himalaya mit mongolischen Einflüssen. Etwa vor 1000 Jahren wanderten Schafhirten und Nomaden aus Tibet in das Gebiet ein. Die heutigen Buddhisten sind Nachkommen von Mongolen und vom Äußerlichen den Tibetern recht ähnlich. Im Gegensatz dazu stammen die Arghuns, zu der die Mehrheit der heutigen Muslime zu rechnen ist, von den Sufimeistern ab, die im Mittelalter von Pakistan nach Ladakh drängten. In den folgenden 500 Jahren haben Buddhisten und Muslime sich weitgehend getrennt voneinander entwickelt, denn die beiden Gruppen mischten sich aufgrund der religiösen und kulturellen Differenzen praktisch nicht.
Ein halbes Jahrtausend Isolation dürfte sich im Erbgut der Menschen allerdings nur schwer nachweisen lassen – also untersuchten die Forscher neben der menschlichen DNA auch das Erbgut der jeweiligen Magenbakterien. Da Helicobacter vor allem von den Eltern an die Kinder weitergegeben wird, lässt sich mit den ungeliebten Keimen gut "Familiengeschichte" schreiben.
Die Forscher untersuchten Gewebeproben von 50 Patienten, die zu Diagnosezwecken eine Magenspiegelung über sich ergehen lassen mussten. Wie erwartet, erwies sich das Erbgut der Menschen als zu konservativ, um getrennte Wege der beiden Religionsgruppen zu offenbaren. Die Helicobacter-Vertreter jedoch zeigten klar den Glaubensspalt.
Die Magenbakterien der Buddhisten spiegeln deutlich den kräftigen Zustrom von Einwanderern wider: Ihr Erbgut bietet ein buntes Gemisch verschiedener Varianten. Ein ganz anderes Bild bietet sich bei den Muslimen: Bei ihnen zeigt Helicobacter eine verblüffend ursprüngliche Ausstattung, ohne großartige Erneuerungen. Nur drei der 18 untersuchten Proben lassen auf eine Vermischung von muslimischen Einwanderern aus dem Nahen Osten mit Ladhakis schließen.
Warum aber offenbart sich der Zustrom der tibetisch-mongolischen Neubürger nicht auch bei den Muslimen? Zwei Erklärungen halten die Wissenschaftler für möglich: Vielleicht ereignete sich der Hauptzustrom erst zu einer Zeit, als Buddhisten und Muslime bereits strikt getrennte Wege gingen. Oder aber der Wechsel zum islamischen Glauben aufgrund späterer Missionierungen betraf vor allem Ladhakis anderer Religionen als dem Buddhismus, bei denen das Erbgut der Magenbesiedler ebenfalls wenig Durchmischung erfahren hatte – ein Ergebnis, das auch gut zu den geographisch sehr begrenzten Besiedlungsgebieten der Muslime passen würde.
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