Megafauna: Geschichte vom einsamen Knochenbrecher
Forscher haben im Permafrost Alaskas die Überreste von archaischen Wölfen entdeckt, die heute ihresgleichen suchen. Denn die eiszeitlichen Jäger starben aus, ohne nahe Verwandte zu hinterlassen. Es ist die Geschichte von einem Tier, das auszog, alles richtig zu machen - und dann den Zeitenwenden nicht gewachsen war.
Dort, wo heute kalte Wassermassen das östliche Russland von Alaska trennen, ragte vor Tausenden von Jahren ein Übergang aus den Fluten: Beringia, eine Landverbindung zwischen beiden Kontinenten. Über sie kamen vor etwa 16 000 bis 12 000 Jahren einige der ersten menschlichen Einwanderer nach Nordamerika. Sie folgten wahrscheinlich den zahlreichen Mammut- oder Karibu-Herden, die während der letzten Kaltzeit auf der relativ warmen Landbrücke und in Teilen Alaskas eine tierreiche Steppenlandschaft fanden.
Doch die Menschen waren nicht die einzigen, die sich von Mammut, Bison oder Moschusochse eine kräftigende Mahlzeit versprachen. Auch Säbelzahntiger, Amerikanische Löwen, Bären und Wölfe erfreuten sich an den ziehenden Herden. In der unwirtlichen Lebenswelt des ausgehenden Pleistozäns vor etwa 15 000 Jahren, der bislang letzten großen Eiszeit der Erde, waren Konkurrenz und Hunger allerdings gleichermaßen groß. Wer hier überleben wollte, musste sich etwas einfallen lassen.
Einsame Räuber im eisigen Alaska
Diese genetische Einzigartigkeit war bislang unentdeckt geblieben, denn zu groß ist ihre Ähnlichkeit mit ihren lebenden Artgenossen: Sie glichen den heutigen Wölfen beinahe aufs Haar, hatten die gleiche Größe, ein ähnliches Fell und vermutlich auch ähnliche Rudelstrukturen. Ihr Kopf war allerdings gedrungener, die Schnauze kürzer. Mit Hilfe einer chemischen Analyse der Knochen konnten die Forscher sogar genau feststellen, was vor gut 12 500 Jahren in den Mägen der Raubtiere gelandet war: Pferde und Bisons etwa, aber auch Mammuts standen auf der Speisekarte der Beringia-Wölfe.
Spezialisierung: große Beutetiere
Dass die Tiere ihren teilweise riesigen Beutetieren überhaupt beikommen konnten, verdankten sie ihrer kurzen Schnauze. Dies erlaubte auch kräftige Bisse, die der Gegenwehr größerer Tiere standhalten konnten. Hatten die Tiere erst einmal ihre Beute erlegt, waren sie zudem nicht wählerisch: Stark abgenutzte und abgesplitterte Zähne deuten darauf hin, dass sie auch die Skelette ihrer Opfer nicht verschmähten. Die vorzeitlichen Wölfe Alaskas waren wahre Knochenbeißer – und damit auf die harschen Bedingungen der eiszeitlichen Tundralandschaft mit ihrem häufigen Nahrungsmangel bestens eingestellt. Mit ihrer Spezialisierung auf große Beute hatten sie sich zudem einen Markt erschlossen, der direkten Konkurrenten wie den Kojoten verschlossen war.
Genutzt hat ihnen dies jedoch wenig. Denn als die beginnende Erwärmung ihre Beute dezimierte, mussten auch die Beringia-Wölfe dran glauben. Vor etwa 12 500 Jahren verliert sich ihre Spur, denn Leonard und ihre Kollegen konnten nur ein jüngeres Wolfsskelett dieser speziellen Riesenvariante ermitteln. In den Genen der heutigen Rudel haben die Beringia-Wölfe zudem nicht die geringste Spur hinterlassen. Das legt zumindest der Genvergleich mit 436 heutigen Wölfen aus der ganzen Welt nahe: Keines dieser Tiere stammt von den Beringia-Wölfen aus dem Pleistozän ab. Nur mit anderen ausgestorbenen, eiszeitlichen Unterarten aus Europa lassen sich Familienbande knüpfen.
Auch die noch immer in Alaska lebenden Wölfe sind nicht mit den Beringia-Tieren verwandt. Die Forscher vermuten, dass sie als erste den amerikanischen Kontinent besiedelten und noch vor der kältesten Phase der Eiszeit nach Süden wanderten. Die Beringia-Wölfe kamen dann entweder in einer zweiten Einwanderungswelle hinzu oder entwickelten sich isoliert in der Region, die zwischenzeitlich durch einen mächtigen inländischen Eisschild vom südlichen Teil Nordamerikas abgeschnitten war.
Doch genau die Spezialisierung, die ihnen in der Kälteperiode das Überleben sicherte, machte ihnen später den Garaus, glauben die Forscher. Die kraftvollen Knochenbrecher waren von ihren großen Beutetieren abhängig geworden. Als diese ausstarben, gab es für die Beringia-Wölfe kein Zurück aus der evolutionären Falle – ganz im Gegensatz zu ihrem filigraneren Artgenossen, dem heutigen Alaska-Wolf. Er versorgte sich weiter südlich vermutlich eher mit kleineren Beutetieren. Diese Genügsamkeit sicherte ihm das Überleben.
Doch die Menschen waren nicht die einzigen, die sich von Mammut, Bison oder Moschusochse eine kräftigende Mahlzeit versprachen. Auch Säbelzahntiger, Amerikanische Löwen, Bären und Wölfe erfreuten sich an den ziehenden Herden. In der unwirtlichen Lebenswelt des ausgehenden Pleistozäns vor etwa 15 000 Jahren, der bislang letzten großen Eiszeit der Erde, waren Konkurrenz und Hunger allerdings gleichermaßen groß. Wer hier überleben wollte, musste sich etwas einfallen lassen.
Einsame Räuber im eisigen Alaska
Eine Gruppe von Evolutionsbiologen um Jennifer Leonard von der Universität Uppsala hat nun einen Räuber ausgemacht, der sich den rauen Lebensbedingungen der frostigen Zeit perfekt angepasst hatte: Es waren die archaischen Beringia-Wölfe – eine lokale Gruppe des damals wie heute noch weit verbreiteten Canis lupus – deren Überreste man noch heute im Permafrostboden östlich und westlich der ehemaligen Landbrücke entdecken kann. Die Existenz dieser eiszeitlichen Wölfe war lange bekannt, doch erst die genaue Genanalyse von zwanzig Tieren aus dem Pleistozän brachte nun Erstaunliches zu Tage: Die Beringia-Wölfe waren eine einsame Sippe, die mit keiner der heutigen Grauwölfe Nordamerikas nahe verwandt waren.
Diese genetische Einzigartigkeit war bislang unentdeckt geblieben, denn zu groß ist ihre Ähnlichkeit mit ihren lebenden Artgenossen: Sie glichen den heutigen Wölfen beinahe aufs Haar, hatten die gleiche Größe, ein ähnliches Fell und vermutlich auch ähnliche Rudelstrukturen. Ihr Kopf war allerdings gedrungener, die Schnauze kürzer. Mit Hilfe einer chemischen Analyse der Knochen konnten die Forscher sogar genau feststellen, was vor gut 12 500 Jahren in den Mägen der Raubtiere gelandet war: Pferde und Bisons etwa, aber auch Mammuts standen auf der Speisekarte der Beringia-Wölfe.
Spezialisierung: große Beutetiere
Dass die Tiere ihren teilweise riesigen Beutetieren überhaupt beikommen konnten, verdankten sie ihrer kurzen Schnauze. Dies erlaubte auch kräftige Bisse, die der Gegenwehr größerer Tiere standhalten konnten. Hatten die Tiere erst einmal ihre Beute erlegt, waren sie zudem nicht wählerisch: Stark abgenutzte und abgesplitterte Zähne deuten darauf hin, dass sie auch die Skelette ihrer Opfer nicht verschmähten. Die vorzeitlichen Wölfe Alaskas waren wahre Knochenbeißer – und damit auf die harschen Bedingungen der eiszeitlichen Tundralandschaft mit ihrem häufigen Nahrungsmangel bestens eingestellt. Mit ihrer Spezialisierung auf große Beute hatten sie sich zudem einen Markt erschlossen, der direkten Konkurrenten wie den Kojoten verschlossen war.
Genutzt hat ihnen dies jedoch wenig. Denn als die beginnende Erwärmung ihre Beute dezimierte, mussten auch die Beringia-Wölfe dran glauben. Vor etwa 12 500 Jahren verliert sich ihre Spur, denn Leonard und ihre Kollegen konnten nur ein jüngeres Wolfsskelett dieser speziellen Riesenvariante ermitteln. In den Genen der heutigen Rudel haben die Beringia-Wölfe zudem nicht die geringste Spur hinterlassen. Das legt zumindest der Genvergleich mit 436 heutigen Wölfen aus der ganzen Welt nahe: Keines dieser Tiere stammt von den Beringia-Wölfen aus dem Pleistozän ab. Nur mit anderen ausgestorbenen, eiszeitlichen Unterarten aus Europa lassen sich Familienbande knüpfen.
Auch die noch immer in Alaska lebenden Wölfe sind nicht mit den Beringia-Tieren verwandt. Die Forscher vermuten, dass sie als erste den amerikanischen Kontinent besiedelten und noch vor der kältesten Phase der Eiszeit nach Süden wanderten. Die Beringia-Wölfe kamen dann entweder in einer zweiten Einwanderungswelle hinzu oder entwickelten sich isoliert in der Region, die zwischenzeitlich durch einen mächtigen inländischen Eisschild vom südlichen Teil Nordamerikas abgeschnitten war.
Doch genau die Spezialisierung, die ihnen in der Kälteperiode das Überleben sicherte, machte ihnen später den Garaus, glauben die Forscher. Die kraftvollen Knochenbrecher waren von ihren großen Beutetieren abhängig geworden. Als diese ausstarben, gab es für die Beringia-Wölfe kein Zurück aus der evolutionären Falle – ganz im Gegensatz zu ihrem filigraneren Artgenossen, dem heutigen Alaska-Wolf. Er versorgte sich weiter südlich vermutlich eher mit kleineren Beutetieren. Diese Genügsamkeit sicherte ihm das Überleben.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.