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93 Gesundheitseinrichtungen: Gesponsert von 'Big Soda'

Die US-Getränkeindustrie versucht offenbar seit Jahrzehnten, massiv Einfluss auf die Gesundheitspolitik zu nehmen. In welchem Ausmaß Sponsorengelder fließen, zeigt nun eine Studie.
Limonaden in hohen Dosen

Die US-amerikanischen Getränkeriesen Coca-Cola und PepsiCo haben allein in den vergangenen fünf Jahren mindestens 93 Gesundheitsorganisationen und -einrichtungen finanziell unterstützt. Geld nahmen dabei auch Bundesbehörden, wie etwa die Centers for Disease Control and Prevention und das National Institute of Child Health and Human Development. Auf der Liste standen auch hochrangige Forschervereinigungen wie die American Heart Association und die American Diabetes Association. Das geht aus einer Studie hervor, die Daniel Aaron und Michael Siegel von der Boston University jetzt veröffentlichten.

Die beiden Forscher haben dazu in Internet und Fachpublikationen systematisch nach Hinweisen auf Sponsoring durch eine der beiden Firmen gesucht. Wie viel Geld in den einzelnen Fällen geflossen ist, geht aus ihrer Datensammlung nicht hervor. Dass aber derart viele Einrichtungen Geld erhalten haben, zeigt nach Meinung der Autoren, in welchem Ausmaß der Gesundheitssektor von der Firmenfinanzierung durchdrungen zu sein scheint. Das Firmensponsoring sei "überraschend allgegenwärtig", so die beiden Wissenschaftler.

Belege dafür, dass die Limonadenhersteller konkret Einfluss auf die Politik der Einrichtungen nahmen, haben sie nicht gesucht. Allerdings ermittelten sie, dass die Unternehmen im gleichen Zeitraum Lobbyarbeit gegen 29 Gesetze und Verordnungen betrieben, die das Ziel hatten, den Konsum der zuckerhaltigen Getränke einzudämmen oder die Ernährung der Bevölkerung zu verbessern – es sei darum offensichtlich, dass Coca-Cola und PepsiCo eine Politik verfolgten, die nicht mit der Haltung der unterstützten Einrichtungen vereinbar sei. Diese sollten sich darum genau überlegen, ob sie sich wirklich für die "Marketingpläne" der Unternehmen einspannen lassen wollen.

In letzter Zeit mehren sich die Hinweise, dass Getränkehersteller in den USA über Jahrzehnte hinweg Einfluss auf die US-Gesundheitspolitik genommen haben, und zwar in einem Ausmaß, das dem der Tabak- und Alkohollobby in nichts nachsteht. So wurden kürzlich alte Aufzeichnungen öffentlich, die belegen, dass in den 1960er Jahren ein Verband Zucker verarbeitender Unternehmen mit hohen finanziellen Zuwendungen Harvard-Mediziner dazu brachte, Belege für die Gesundheitsgefahr von Zucker herunterzuspielen. Stattdessen lenkten die Forscher in einflussreichen Veröffentlichungen den Fokus auf gesättigte Fettsäuren. Daraus abgeleitete Gesundheitsempfehlungen hatten noch bis vor Kurzem Bestand.

Wie die Unternehmen dabei vorgehen, zeigte sich im August 2015. Damals deckte die "New York Times" auf, dass es sich bei einer gemeinnützigen, scheinbar wissenschaftlichen Einrichtung namens Global Energy Balance Network um eine von Coca-Cola finanzierte verdeckte Lobbyorganisation handelte. Sie sollte die Öffentlichkeit glauben machen, dass der Grund für Übergewicht allein in mangelnder Bewegung liege und nicht in einer ungesunden Ernährung.

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