Atopisches Ekzem: Gesunde Hautflora schützt vor Neurodermitis
Die Ursachen des atopischen Ekzems – besser bekannt unter der veralteten Bezeichnung Neurodermitis – sind komplex und längst nicht geklärt. Die Krankheit dürfte häufig genetische Ursachen haben, die das Immunsystem verändern und Körper von Betroffenen auf äußere Einflüsse extremer reagieren lassen, mit dem charakteristisch starken Juckreiz oder Hautrötungen. Eine mitentscheidende Rolle könnten aber auch Mikroorganismen auf der Haut haben: Bei Erkrankten finden sich etwa auffällig große Mengen von Staphylococcus aureus, die Toxine ausschütten und Entzündungsreaktionen verstärken. Forscher um Richard Gallo von der University of California in San Diego haben nun untersucht, warum diese Keime bei Betroffenen so schädlich werden – und stellen fest, dass daran der Rest der Bakteriengemeinschaft auf der Haut nicht unschuldig ist.
Im Fachblatt »Science Translational Medicine« haben die Forscher nach Unterschieden in der Vielfalt der Mikroorganismen auf der Haut von Gesunden und Neurodermitikern gefahndet und versucht herauszufinden, ob dies eine Folge oder gar eine Ursache des Krankheitsgeschehens sein könnte. Klar war bereits, wie das Immunsystem von Patienten das Hautmikrobiom beeinflusst: Eine übergroße Menge bestimmter Zytokin-Botenstoffe schwächt bei ihnen nicht nur die Körperbarriere, weil sie den Verhornungsprozess von Hautzellen bremst; sie senkt zudem die Produktion von bestimmten antimikrobiellen Peptiden, die im Normalfall auf der Haut ausgeschüttet werden. Fraglich war allerdings, warum davon S. aureus besonders profitiert.
Die Wissenschaftler haben die Vorgänge nun mit Hautproben von elf Menschen mit atopischem Ekzem und von Gesunden sowie auf Hautzellen von Mäusen untersucht, auf denen sie S.-aureus-Kolonien angesiedelt haben. Dabei wurde deutlich, dass die Keime sich auf der Haut von Patienten effizienter in größeren Mengen sammeln und koordinieren konnten: Sie kommunizierten dabei untereinander über Quorum-Sensing-Signale und gaben schließlich proteinabbauende Enzyme ab, die die Hautzellen stark angreifen. Eigentlich könnten dieselben Bakterien dies auch auf der Haut von gesunden Menschen tun – hier aber wird ihre Quorum-Sensing-Kommunikation durch den Einfluss anderer Bakterien unterbunden, wie die Forscher zeigen. Eine entscheidende Rolle spielt dabei etwa die Art Staphylococcus hominis, ein typischer Vertreter des durchschnittlichen Hautmikrobioms – diese Keime produzieren ein blockierendes Peptid und sorgen so dafür, dass S. aureus harmlos bleibt.
Die Interaktion verschiedener Bakterienarten auf der Haut ist demnach für das Krankheitsgeschehen wichtig. Womöglich bietet sich hiermit sogar eine bisher nicht angedachte Behandlungsoption: So könnten etwas Bakterien von Gesunden, Kulturen von Staphylococcus hominis oder ein Gemisch der Blockadesignale auf Kranke transplantiert werden, um die zerstörerische Wirkung der schädlichen Keime zu bremsen. Im Versuch an Mäusen sind die ersten Experimente in dieser Richtung viel versprechend, so die Forscher um Gallo: Sowohl übertragene S.-hominis-Kulturen wie auch der Einsatz der von diesen produzierten blockierenden Peptiden sorgten dafür, dass die typischen Hautzellschäden durch S. aureus stark minimiert wurden. Nun wollen die Forscher noch untersuchen, welche unterschiedlichen S.-aureus-Kulturen so gebremst werden können – und welchen Einfluss möglicherweise weitere Mikroorganismen in der Haut haben können.
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