Direkt zum Inhalt

Und jetzt zum Wetter: Gewitter mit Unwetterpotenzial

Nach dem rekordverdächtigen Pfingstfest naht nun eine Kaltfront. Gefährliche Gewitter sind die Folge.
Blitze

Das Wetter: Zwischen heiß und kalt

Das Pfingstwochenende hat seinen Platz in den Wettergeschichtsbüchern erst einmal inne: Reihum purzelten Temperaturrekorde, und seit Anbeginn der modernen Wetteraufzeichnungen war es an einem Pfingstfeiertag noch nicht so heiß wie am Montag. Spitzenreiter war die Oberrheinebene, wo an verschiedenen Stationen mehr als 37 Grad Celsius gemessen wurden – absoluter Spitzenreiter war die Wetterstation des Deutschen Wetterdienstes in Rheinau, wo sich 37,7 Grad Celsius einstellten. Schuld daran war die im letzten Beitrag beschriebene antizyklonale Südlage, während der das atlantische Tief Ela zusammen mit dem bei uns positionierten Hoch Wolfgang heiße Luft aus der nordwestlichen Sahara anzapften und nach Mitteleuropa führten. Sie gelangte über die Rhône und die Burgundische Pforte zuerst in den Oberrheingraben, weshalb vor allem hier Rekordwerte gemessen wurden. Ein weiterer Hitzeschwerpunkt lag in der unterfränkischen "Wärmeinsel", wo ebenfalls mehr als 37 Grad Celsius gemessen wurden. So heiß wie hier zu Lande war es erst wieder hunderte Kilometer weiter südlich – in der Sahara.

Auf der anderen Seite wüteten vor allem über Nordrhein-Westfalen heftige Gewitter, die insgesamt mindestens sechs Menschenleben forderten und Sachschäden in Millionenhöhe anrichteten. Eine Kaltfront aus Westen streifte über diesen Teil Deutschlands: Während des Zusammenpralls sehr heißer und kühler Luftmassen schossen feuchtwarme Luftmassen rasch in die Höhe. Über Belgien entstand sogar eine so genannte Superzelle, die in der Atmosphäre extrem weit nach oben reicht und an der Basis einen sehr großen Durchmesser hat. Sie gelten als gefährlichste Gewitterungetüme und können sogar mit Tornados einhergehen. Diese Unwetter sind ein übler Vorgeschmack auf die kommenden Tage und Stunden. Denn das Gewitterrisiko steigt in vielen Teilen der Bundesrepublik stark an.

Blitze | Damit es blitzt, muss die Atmosphäre elektrisch aufgeladen sein. Teilchen aus dem All scheinen dabei zu helfen.

Die Ursache: Kaltfront trifft auf Heißluft

Bis Mitte der Woche strömt weiterhin heiße und zunehmend auch feuchte Luft nach Mitteleuropa. Zeitgleich greift von Nordwesten jedoch auch wieder eine atlantische Kaltfront auf uns über: Hoch Wolfgang rückt weiter nach Osten ab und verliert seine mächtige Position über Deutschland, während vom Atlantik Tiefausläufer nachrücken. Wo beide Seiten aufeinanderprallen, entwickeln sich rasch wieder starke Gewitter.

Die Folgen: Wie entsteht ein Gewitter?

Für Meteorologen gehören Gewitter sicherlich zu den spannendsten, aber auch unberechenbaren Phänomenen: Es lässt sich nicht exakt vorhersagen, wo sie örtlich genau niedergehen und wie stark sie ausfallen. Die sich ankündigenden Gewitter gehören zum frontengebundenen Typ, denn sie entstehen an der Vorderseite einer Kaltfront, die sich nach Mitteleuropa hereinschiebt.

Die kalte Luft ist schwerer als die warme, die momentan über Deutschland liegt. Deshalb schiebt sich die Kaltfront unter dieses Paket und hebt dieses an. Je nachdem wie schnell die Front vorankommt, geschieht dies schneller oder langsamer mit entsprechenden Folgen für die Intensität der sich entwickelnden Gewitter. Die warme Luft wird jedenfalls in die Höhe gezwungen und kühlt sich dabei ab. Dadurch kann sie aber weniger Wasserdampf halten; Tröpfchen kondensieren, formieren sich zu Wolken und fallen am Ende als Regen oder gar Hagel wieder aus.

Kaltfront über Deutschland | Wenn kalte auf heiße Luft stößt, sind Gewitter nicht fern6nbsp;- viele Menschen mussten und müssen dies in diesen Tagen leidvoll erfahren.

Die Kondensation des Wasserdampfs verstärkt dabei die Konvektion, denn die darin gespeicherte Energie, die latente Wärme, wird als echte Wärme freigesetzt und erhöht die Temperaturen in der Wolke. Dadurch wird sie relativ zur umgebenden Atmosphäre wärmer, wodurch die Luft weiter aufsteigt – weshalb noch mehr Wasserdampf kondensiert: ein selbstverstärkender Mechanismus, der erst an einer Tropopause genannten Grenzschicht endet. Die Gewitterwolken an Pfingsten hatten wohl sogar diese Grenze durchstoßen, was ihre Stärke zum Teil erklärt.

Durch die Reibung der Wasserteilchen in der Wolke lädt sich die Luft zudem elektrostatisch auf, was sich in Blitzen wieder entlädt. Die Entstehung dieser Leuchterscheinungen – deren Spannung mehrere hunderttausend Volt betragen kann –, ist bei Weitem noch nicht geklärt. Erst vor Kurzem meldeten Meteorologen, dass der Sonnenwind die Blitzaktivität hochtreibt, wenn er besonders kräftig weht: Blitze haben also anscheinend nicht nur irdische Ursachen.

Neben Blitzen und Hagelschlag muss man im Fall von Gewittern auch heftige Winde fürchten, deren Böen mehr als 120 Kilometer pro Stunde erreichen können. In dieser Böenfront schiebt sich die Kaltfront keilförmig unter die Warmluft, wodurch starke Turbulenzen entstehen. Bei großen Gewitter- oder Superzellen sinkt auch abgekühlte, schwere Luft in den Randbereichen rasch nach unten ab, weshalb ebenfalls Böen auftreten. Sind die Temperaturgegensätze extrem, treten unter Umständen sogar Tornados auf, die es auch in Deutschland geben kann (dazu später einmal mehr).

Die Aussichten: Kühler und etwas Wetterberuhigung

Bis Donnerstag zum Auftakt der Fußballweltmeisterschaft ist die sehr heiße Luft weit gehend ausgeräumt; als letztes wird sie aus dem Südosten verdrängt. Stattdessen machen sich etwas "kühlere" Luftmassen mit einzelnen Schauern und Gewittern breit. – wie das Wetter für das Public Viewing ausfällt, kann man übrigens hier sehen. Insgesamt deutet alles auf eine Normalisierung des Wetters und vorerst einen typischen deutschen Sommer mit passablen Temperaturen, aber nicht durchweg lupenreinem Sonnenschein hin.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.