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Atemnot-Epidemie: Tödliches Gewitterasthma durch Trockenheit und Blitze

Zehn Menschen starben 2016 während eines Unwetters an plötzlicher Luftnot, tausende mussten behandelt werden. Die Ursache widerspricht der bisherigen Theorie über Gewitterasthma.
Blitze über der nächtlich erleuchteten Großstadt Melbourne.

Die weltweit tödlichste Epidemie von Gewitterasthma ging vermutlich auf eine Kombination von Trockenheit, Blitzen und reichlich Gräserpollen zurück. Damit widerspricht eine Arbeitsgruppe um Kathryn M. Emmerson von der australischen Nationalen Forschungsbehörde CSIRO der bisherigen Hypothese, laut der Regen und Feuchtigkeit der Hauptauslöser des Gewitterasthmas waren. Es sei an jenem Tag sehr trocken gewesen und habe kaum geregnet, schreibt das Team in der in »PLOS ONE« veröffentlichten Untersuchung. Bei dem schwersten bisher bekannten Ausbruch von Gewitterasthma waren am 21. November 2016 in der australischen Stadt Melbourne zehn Menschen gestorben, tausende weitere kamen mit Atemnot in die Krankenhäuser.

Die als Gewitterasthma bezeichnete Atemnot trifft keineswegs nur Menschen mit Asthma. Auch Personen, die keinerlei vorherige Asthmaepisoden hatten, sind betroffen, besonders solche mit Heuschnupfen. Laut der weitgehend akzeptierten Hypothese stecken dahinter Subpollenpartikel, winzige Fragmente der Pollenkörner, von denen hunderte bei deren Platzen entstehen. Diese gelangen viel tiefer in die Atemwege als normale Pollenkörner und rufen deswegen auch schwerere Symptome hervor. Unbekannt ist allerdings, warum die Pollen gerade bei Gewitter so oft platzen. Die wichtigste Vermutung war bisher, dass das mit der Luftfeuchtigkeit zu tun hat – gestützt durch Experimente, in denen Pollenkörner im Wasser platzten.

Der Ausdauernde Lolch war schuld

Doch diesen Mechanismus weist das Team um Emmerson zurück. Der Grund: Während des Ereignisses von 2016 war die relative Luftfeuchtigkeit mit etwa 18 Prozent sehr gering. Deswegen überprüfte die Arbeitsgruppe weitere mögliche Mechanismen, darunter elektrische Aufladung und mechanische Zerstörung durch Starkwind, anhand eines Atmosphärenmodells, das Wetter und Pollen an jenem Tag simuliert. Am Computer verglichen Emmerson und ihre Kollegen, mit welchen atmosphärischen Bedingungen die Ausbrüche der Symptome einhergingen.

Im Zentrum der Erklärung steht der Ausdauernde Lolch. Dieses Süßgras mit dem lateinischen Namen Lolium perenne ist die am weitesten verbreitete Futterpflanze in Australien und wächst in großen Mengen auch westlich von Melbourne. Die aufsteigende Luft riss große Mengen von Pollen in die Gewitterwolken, in denen starke Spannungen herrschten und sich immer wieder in Blitzen entluden.

Diese elektrischen Entladungen ließen, zusammen mit der trockenen Luft, die Pollen bersten. Wegen der Trockenheit sammelte sich auf den Partikeln besonders viel Ladung an, und Studien zeigen, dass statische Aufladung, ebenso wie hohe Spannungen in der Atmosphäre, ebenfalls Subpollenpartikel freisetzen. In den Wolken über den Feldern entstanden sehr viele dieser Partikel – und als der Sturm weiter über Melbourne zog, strömten diese mit den Abwinden des Gewitters in die Stadt.

Mehrere Faktoren machten also das Ereignis vom 21. November 2016 so tödlich, erklärt deswegen die Arbeitsgruppe. Zum einen, dass der Sturm über große Flächen des hochallergenen Grases hinwegzog, das außerdem zu jener Zeit große Mengen Pollen abgab. Zum anderen waren die Wolken zu diesem Zeitpunkt sehr stark aufgeladen, was sich an den häufigen Blitzen im Westen von Melbourne zeigte. Dank der trockenen Luft konnte die Elektrizität in den Wolken die Pollen effektiv zerfetzen. Die Trockenheit sorgte auch dafür, dass trotz des Gewitters sehr viele Menschen im Freien blieben und den reichlich gebildeten Subpollenpartikeln ausgesetzt waren.

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