Toxikologie: Giftmischen fürs Gliedertier
Wer Tieren gern menschliche Attribute verpasst, dem fällt zur Schlange schnell "heimtückische Giftspritze" ein. Dabei wandeln Viper und Co doch auf ziemlich steinigen Pfaden der Evolution, um ihr Mordwerkzeug immer wieder optimal an die anzupassen, die sie zum Fressen gern haben.
Als sie das giftige Duell zwischen Skorpion und Viper auf die Tagesordnung setzten, stand der Sieger für die Toxinexperten um Wolfgang Wüster schon fest: Stachel und Scheren helfen dem achtbeinigen Opfer des beinlosen Giftzahnträger gar nichts. Ein blitzschnelles Zubeißen, die rasche Injektion einer überreichlich tödlichen Dosis und ein rascher Rückzug jenseits der Reichweite des Skorpionschwanzes – alles ist entschieden. Zur Sicherheit beißt eine hungrige Durchschnittsotter dann gerne noch ein, zweimal alle paar Minuten nach – bevor sie in aller Ruhe auf das unvermeidliche Ende des Todeskampfes wartet. Bald ist Essenszeit.
Für einen vergifteten, gebissenen und verspeisten Skorpion kommt "bald" allerdings nicht gerade "schnell": zwischen 20 und gut 60 Minuten kann es schon dauern, bis ein Exemplar von Scorpio mauro seinen letzten Lebensfunken ausgehaucht hat, nachdem er etwa von einer Sandrasselotter erwischt wurde, ermittelten der Schlangenforscher Wüstner von der Bangor University in England und seine Kollegen. Erstaunlich – schließlich hatten die Forscher vermutet, dass vorzugsweise skorpionfressende Ottern wie Echis carinatus, die Gemeine Sandrasselotter, ein spezialisiertes Gift einsetzen, das Gliedertieren schnell den Garaus macht.
Erste Tests mit vielen unglücklichen Skorpionen, Injektionsnadeln, einigen Echis-Toxinsorten und der Stoppuhr offenbarte allerdings, dass das Gift einer Arabischen Sandrasselotter (die lieber Wirbeltiere verspeist) fast ebenso schnell zu Desorientierung, Lähmung und Tod eines Skorpions führt wie jenes der auf Gliedertierdiät eingeschworenen E. pyramidum, der Sandrasselotter Ägyptens. Ganz gleich, was immer man als Otter gern isst – man ist scheinbar immer gleich giftig, nur eben auf chemisch unterschiedliche Weise.
Das konnte doch nicht stimmen? Wie und warum entwickelten sich bei so nahe verwandten Arten mit so unterschiedlichem Beutespektrum dann überhaupt derart unterschiedliche Gifte – wenn doch am Ende alle Toxine überall gleich gut zu funktionieren scheinen? Welcher nach Optimierung verlangende Selektionsdruck hat dazu geführt, dass beim Wechsel der Lieblingsnahrung auch das eingesetzte Toxin ausgetauscht wurde – wenn es dann doch nicht besser wirkt als das der Ahnen?
Tatsächlich, so zeigten die Forscher, ist Schnelligkeit bei der Giftwirkung für Schlangen viel weniger wichtig als Sparsamkeit. Denn weitere Versuche belegen, dass das Toxin skorpionliebender Schlangenspezies wie der Ägyptischen Sandrasselotter in viel niedrigerer Dosis tötet als jenes eines typischen Wirbeltierfressers. Zwar injiziert jede Otter stets ein Mehrfaches der tödlichen Dosis, muss insgesamt aber weniger Gift nachbilden als die nicht spezialisierten Arten. Damit wird es, spekulieren Wüster und Co, auch schon recht jungen, kleinen Ottern, die noch nicht viel Energie einsetzen können, überhaupt möglich, Beute zu machen. Gerade bei den auf Skorpione spezialisierten Arten ist eine solche Dosisoptimierung scheinbar wichtig, weil die Gliederfüßer eine schwerer zu vergiftende Beute sind: generell vertragen sie mehr Gift pro Gramm Körpergewicht als Wirbeltiere.
Die Familiengeschichte der Sandottern und ihrer verschiedenen Giftgemische seien demnach ein Paradebeispiel für adaptive Evolution, schließen die Forscher – einer Entwicklung, die Toxine in Anpassung an das Beutespektrum nicht in Richtung schneller Wirksamkeit, sondern in Richtung ökonomischer Effizienz getrimmt hat. Einen Nachteil müssen die Ottern dabei allerdings in Kauf nehmen: weil die Skorpione nicht schnell, sondern ökonomisch getötet werden, kann es sein, dass die Schlangen einem waidwunden Gliedertier eine ganze Zeit lang unökonomisch nachschlängeln müssen, bevor es zusammenbricht und Ruhe gibt. Zu rechnen scheint sich das trotzdem.
Für einen vergifteten, gebissenen und verspeisten Skorpion kommt "bald" allerdings nicht gerade "schnell": zwischen 20 und gut 60 Minuten kann es schon dauern, bis ein Exemplar von Scorpio mauro seinen letzten Lebensfunken ausgehaucht hat, nachdem er etwa von einer Sandrasselotter erwischt wurde, ermittelten der Schlangenforscher Wüstner von der Bangor University in England und seine Kollegen. Erstaunlich – schließlich hatten die Forscher vermutet, dass vorzugsweise skorpionfressende Ottern wie Echis carinatus, die Gemeine Sandrasselotter, ein spezialisiertes Gift einsetzen, das Gliedertieren schnell den Garaus macht.
Das Team hatte dies eigentlich an mehreren verwandten Otterarten nachvollziehen wollen, die in freier Wildbahn entweder Skorpione oder noch lieber kleine Säugetiere vernaschen. Dafür, so die Ausgangshypothese, sollten sie auch unterschiedlich wirksame Spezialgifte einsetzen, die bevorzugt ihre Leibspeise ausschalten. Proteinanalysen hatten gezeigt, dass die Toxine bei Arten mit unterschiedlichen Nahrungsvorlieben durchaus verschieden sind.
Erste Tests mit vielen unglücklichen Skorpionen, Injektionsnadeln, einigen Echis-Toxinsorten und der Stoppuhr offenbarte allerdings, dass das Gift einer Arabischen Sandrasselotter (die lieber Wirbeltiere verspeist) fast ebenso schnell zu Desorientierung, Lähmung und Tod eines Skorpions führt wie jenes der auf Gliedertierdiät eingeschworenen E. pyramidum, der Sandrasselotter Ägyptens. Ganz gleich, was immer man als Otter gern isst – man ist scheinbar immer gleich giftig, nur eben auf chemisch unterschiedliche Weise.
Das konnte doch nicht stimmen? Wie und warum entwickelten sich bei so nahe verwandten Arten mit so unterschiedlichem Beutespektrum dann überhaupt derart unterschiedliche Gifte – wenn doch am Ende alle Toxine überall gleich gut zu funktionieren scheinen? Welcher nach Optimierung verlangende Selektionsdruck hat dazu geführt, dass beim Wechsel der Lieblingsnahrung auch das eingesetzte Toxin ausgetauscht wurde – wenn es dann doch nicht besser wirkt als das der Ahnen?
Tatsächlich, so zeigten die Forscher, ist Schnelligkeit bei der Giftwirkung für Schlangen viel weniger wichtig als Sparsamkeit. Denn weitere Versuche belegen, dass das Toxin skorpionliebender Schlangenspezies wie der Ägyptischen Sandrasselotter in viel niedrigerer Dosis tötet als jenes eines typischen Wirbeltierfressers. Zwar injiziert jede Otter stets ein Mehrfaches der tödlichen Dosis, muss insgesamt aber weniger Gift nachbilden als die nicht spezialisierten Arten. Damit wird es, spekulieren Wüster und Co, auch schon recht jungen, kleinen Ottern, die noch nicht viel Energie einsetzen können, überhaupt möglich, Beute zu machen. Gerade bei den auf Skorpione spezialisierten Arten ist eine solche Dosisoptimierung scheinbar wichtig, weil die Gliederfüßer eine schwerer zu vergiftende Beute sind: generell vertragen sie mehr Gift pro Gramm Körpergewicht als Wirbeltiere.
Die Familiengeschichte der Sandottern und ihrer verschiedenen Giftgemische seien demnach ein Paradebeispiel für adaptive Evolution, schließen die Forscher – einer Entwicklung, die Toxine in Anpassung an das Beutespektrum nicht in Richtung schneller Wirksamkeit, sondern in Richtung ökonomischer Effizienz getrimmt hat. Einen Nachteil müssen die Ottern dabei allerdings in Kauf nehmen: weil die Skorpione nicht schnell, sondern ökonomisch getötet werden, kann es sein, dass die Schlangen einem waidwunden Gliedertier eine ganze Zeit lang unökonomisch nachschlängeln müssen, bevor es zusammenbricht und Ruhe gibt. Zu rechnen scheint sich das trotzdem.
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