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Initiative Gfanz: Globale Finanzindustrie verspricht Fokus auf »netto null«

Zahlreiche Banken haben sich heute dem Ziel der Kohlenstoffneutralität verpflichtet. Ihre Investitionen könnten ein enormer Hebel sein. Doch Beobachter wittern Greenwashing.
Protest von Extinction Rebellion gegen die Finanzierung der Fossilwirtschaft am Rande des UN-Klimagipfels in Glasgow

Am Tag drei des UN-Klimagipfels in Glasgow stehen Finanzierungsfragen auf der Tagesordnung. Und schon am Vormittag machte die Ankündigung eines großen Deals für das Klima die Runde: Über Nacht war die Initiative »Glasgow Financial Alliance for Net Zero« (Gfanz) auf 450 Banken und Finanzinstitute aus 45 Ländern angewachsen. Sie alle verpflichten sich nun, mit ihren eigenen Investitionen und Finanzgeschäften darauf hinzuarbeiten, dass die Weltwirtschaft bis 2050 Kohlenstoffneutralität erreicht. Jedes Geschäft, das mit ihrem Geld getätigt wird, solle unter dem Vorbehalt der Klimaverträglichkeit stehen.

Es wäre ein gewaltiger Hebel beim Umstieg auf eine klimafreundliche Weltwirtschaft. Alle Gfanz-Mitglieder zusammen verwalten nach Angaben der Initiatoren Gelder in Höhe von rund 130 Billionen Euro. Das entspricht gut 40 Prozent des weltweit verwalteten Vermögens und wäre theoretisch ausreichend, um die auf eine ähnliche Größenordnung geschätzten Kosten des Klimawandels abzufangen. Von einem »Wendepunkt« spricht denn auch ihr Initiator Mark Carney. Der ehemalige Präsident der Bank of England hatte Gfanz bereits im April 2021 auf die Beine gestellt und seitdem Unterstützer angeworben. Auf der Glasgower Konferenz nimmt er als Finanzberater der britischen Regierung und UN-Klimabotschafter teil. »Wir haben jetzt alle Weichen gestellt, um den Klimawandel aus der Nische zu holen und in den Mittelpunkt der Finanzwelt zu stellen«, sagt er.

Zu den Teilnehmern von Gfanz zählen diverse Big Player wie Morgan Stanley, HSBC, die Bank of America, Santander oder auch die Deutsche Bank. Von ihnen wird nun erwartet, ihren »gerechten Anteil« an einer Reduktion der Treibhausgase um die Hälfte bis 2030 zu leisten. Alle fünf Jahre müssen die Finanzinstitute zudem eine Evaluation ihres Beitrags durchführen, heißt es in der Pressemitteilung von Gfanz.

In den vergangenen Jahren ist die weltweite Finanzindustrie immer stärker in die Kritik geraten, weil sie mit ihren Investitionen in die fossile Energiewirtschaft den Klimawandel finanziell unterfüttert. Laut Daten des Finanzdienstleisters Bloomberg hat die Finanzindustrie seit 2015, als in Paris das Klimaabkommen unterzeichnet wurde, rund vier Billionen US-Dollar in Öl, Gas und Kohle gesteckt. Sollten diese Investitionen nun wegfallen, wäre in der Tat eine wichtige Grundlage für den Umstieg auf erneuerbare Energien geschaffen.

Allerdings gibt es massive Zweifel, dass Gfanz die erklärte Wirkung hat. So wird von den Teilnehmern etwa mitnichten verlangt, ihre Investitionen in fossile Energien aufzugeben oder auch nur konkret zurückzufahren. Ebenso ist nicht definiert worden, was mit dem Begriff »netto null« (net zero) eigentlich gemeint ist. Offen ist etwa, in welchem Umfang die umstrittenen CO2-Ausgleichsmaßnahmen berücksichtigt werden dürfen. Wie die »Financial Times« berichtet, hatten sich zahlreiche Banken im Vorfeld gegen strengere Regeln gewehrt. Ursprünglich war demnach vorgesehen, allen Unterzeichnern eine Roadmap vorzugeben, wie sie von der Internationalen Energieagentur zur Erreichung von Kohlenstoffneutralität im Jahr 2050 entwickelt worden ist.

Die Non-Profit-Organisation Carbon Disclosure Project hat berechnet, dass aktuell nur ein halbes Prozent des von den Unterzeichnern verwalteten Vermögens im Einklang mit den in Paris vereinbarten Zielen investiert wurde. Ohnehin scheint es sich bei den genannten 130 Billionen um eine künstlich aufgeblasene Zahl zu handeln, die Insiderinformation zufolge durch mehrfaches Zählen der verwalteten Assets der Teilnehmer und ihrer Subfirmen zu Stande gekommen ist.

Viele kritische Beobachterinnen und Beobachter der Finanzwelt sehen darum in Gfanz ein Instrument, mit dem sich Banken einen grünen Anstrich geben können, ohne ernsthaft etwas dafür zu tun. »Eine Allianz für das Klima, die keine harten Kriterien zu fossilen Energien in ihren Richtlinien hat, ist wie eine Anti-Rauch-Kampagne, die sich nicht um Zigaretten kümmert«, schreibt etwa Bill McKibben, Umweltschutzaktivist und Gründer der Organisation 350.

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