Vogelevolution: Gluck, gluck, da war er
Die Welt vor 115 Millionen Jahren: Allerorten stapften Dinosaurier in Farn- oder Nadelwäldern umher, in den Meeren schwammen Ammoniten, und die Säugetiere führten noch ein Nischendasein. Unter ihnen lebten aber bereits Vögel, die aussahen wie heutige Arten.
Alles begann mit einer Art fossilem Schlegel, den chinesische Paläontologen vor mehr als zwanzig Jahren aus den versteinerten Sedimentschichten eines ehemaligen Sees im chinesischen Gansu – 2000 Kilometer westlich von Peking – ausgegraben hatten. Sie erkannten in diesem Fuß die Überreste eines Vogels und tauften ihn nach dem Namen der Provinz Gansus. Danach geriet das Fossil jedoch wieder mehr oder weniger in Vergessenheit und wurde von der Wissenschaft ignoriert.
Zu Unrecht: In der Zwischenzeit gruben Kollegen der damaligen Forscher an der gleichen Fundstelle die Überreste von fünfzig weiteren Exemplaren aus – darunter Skelette, denen bis auf den Kopf nichts fehlte und deren Knochen meist nicht zusammengedrückt waren. Diese Fossilien könnten nun den Stammbaum der Vögel wenn nicht revolutionieren, dann doch zumindest beträchtlich erweitern und beleuchten.
Denn das Leben der modernen Vertreter der Klasse Aves könnte auf dem Wasser begonnen haben, so der Paläontologe Jerald Harris vom Dixie State College in Utah und seine Kollegen. Neben den Abdrücken und Versteinerungen von Federn bewahrte das feinkörnige Sediment auch noch ein ganz spezielles Merkmal von Wasservögeln: Gansus yumenensis – so der vollständige Name der Art – paddelte mit Schwimmhäuten zwischen den Zehen durch seinen aquatischen Lebensraum.
Auch Becken, Knie und Beine der Tiere unterstreichen diesen Lebensweise, ihr Bau ähnelt jenem der heutigen See- und Lappentaucher, die mit kräftigen Beinbewegungen geschickt und schnell unter Wasser auf Jagd gehen. Sie alle besitzen einen ausgeprägten knöchernen Kamm am Laufknochen unterhalb des Knies, an dem kräftige Muskeln sitzen, die den Vogel antreiben – auch beim Laufstart übers Wasser zum Fliegen. Die Höcker aber, an denen einst die Beugemuskeln ihrer Zehen ansetzten, sind bei Gansus ziemlich groß, was wiederum eher auf eine Verwandtschaft mit Reihern, Watvögeln oder Tauchenten hindeutet.
Die Unterwasserschwimmfähigkeiten von Gansus yumenensis lagen damit wohl eher zwischen jenen von Tauchern und den etwas weniger wendigen Enten. Der Ur-Taucher ernährte sich je nachdem wahrscheinlich von Fischen, Wasserinsekten und ähnlichem Getier oder Wasserpflanzen. Doch bleiben seine genauen Fressgewohnheiten noch so lange im Dunkeln, bis die Wissenschaft nicht auch den Kopf der Vögel findet.
Der chinesische Taucher teilte seine Vorliebe für Wasser mit späteren Ornithurae der Kreidezeit, während ihre Enantiornithes-Konkurrenz das Land dominierte und dort die Rolle von Singvögeln, Greifen oder Spechten einnahm. Womöglich blieben den modernen Vögeln anfänglich also nur See- und Uferökosysteme als Nischen, in denen sie sich entwickeln konnten, wenngleich ein paar Arten – Vorfahren von Straußen und Hühnern – schon wenig später in der Kreide zu einem rein terrestrischen Lebensstil übergingen.
Die richtig große Zeit von Gansus und Konsorten folgte allerdings erst nach dem Kreide-Tertiär-Massenaussterben vor 65 Millionen Jahren, bei dem nicht nur die Dinosaurier von der Bildfläche verschwanden, sondern auch die ungewöhnlichen Enantiornithes. Nun war Platz für eine regelrechte Explosion der Artenvielfalt der Vögel, die mit heute knapp 10 000 Arten die Erde bevölkern.
Das Schicksal einer zumindest anfänglichen wissenschaftlichen Missachtung hat Gansus yumenensis übrigens mit Vegavis iaai gemein, mit immerhin 68 Millionen Jahren eine ebenfalls relativ alte Ente aus der Spätzeit der Dinos. Auch ihr Fossil gammelte lange Jahre in wissenschaftlichen Sammlungen vor sich hin, bis ein Forscher ihren wahren Wert entdeckte – gegen Dinosaurier konkurriert es sich also ziemlich schlecht um Aufmerksamkeit. Aus Sicht der Enten und Taucher dürfte der evolutionäre Sieg jedoch wohl deutlich höher stehen.
Zu Unrecht: In der Zwischenzeit gruben Kollegen der damaligen Forscher an der gleichen Fundstelle die Überreste von fünfzig weiteren Exemplaren aus – darunter Skelette, denen bis auf den Kopf nichts fehlte und deren Knochen meist nicht zusammengedrückt waren. Diese Fossilien könnten nun den Stammbaum der Vögel wenn nicht revolutionieren, dann doch zumindest beträchtlich erweitern und beleuchten.
Denn das Leben der modernen Vertreter der Klasse Aves könnte auf dem Wasser begonnen haben, so der Paläontologe Jerald Harris vom Dixie State College in Utah und seine Kollegen. Neben den Abdrücken und Versteinerungen von Federn bewahrte das feinkörnige Sediment auch noch ein ganz spezielles Merkmal von Wasservögeln: Gansus yumenensis – so der vollständige Name der Art – paddelte mit Schwimmhäuten zwischen den Zehen durch seinen aquatischen Lebensraum.
Auch Becken, Knie und Beine der Tiere unterstreichen diesen Lebensweise, ihr Bau ähnelt jenem der heutigen See- und Lappentaucher, die mit kräftigen Beinbewegungen geschickt und schnell unter Wasser auf Jagd gehen. Sie alle besitzen einen ausgeprägten knöchernen Kamm am Laufknochen unterhalb des Knies, an dem kräftige Muskeln sitzen, die den Vogel antreiben – auch beim Laufstart übers Wasser zum Fliegen. Die Höcker aber, an denen einst die Beugemuskeln ihrer Zehen ansetzten, sind bei Gansus ziemlich groß, was wiederum eher auf eine Verwandtschaft mit Reihern, Watvögeln oder Tauchenten hindeutet.
Die Unterwasserschwimmfähigkeiten von Gansus yumenensis lagen damit wohl eher zwischen jenen von Tauchern und den etwas weniger wendigen Enten. Der Ur-Taucher ernährte sich je nachdem wahrscheinlich von Fischen, Wasserinsekten und ähnlichem Getier oder Wasserpflanzen. Doch bleiben seine genauen Fressgewohnheiten noch so lange im Dunkeln, bis die Wissenschaft nicht auch den Kopf der Vögel findet.
Der Restkörper des Fossils genügt aber schon, damit ihn Harris und seine Kollegen in den Stammbaum der gefiederten Welt einordnen können. Als Gansus yumenensis lebte, herrschte eigentlich noch eine andere Gruppe der Vögel vor: die so genannten Enantiornithes mit ihrer ungewöhnlichen Gelenkausbildung im Schultergürtel, die genau entgegengesetzt zu der heutiger Vögel war.
Just als diese Enantiornithes während der Kreidezeit ihren evolutionären Höhepunkt erreichten, spaltete sich jedoch eine neuere Linie von ihnen ab. Ihre Vertreter heißen im Fachjargon Ornithurae und umfassen neben allen gegenwärtigen Vögeln auch deren urgeschichtliche Vorläufer mit ähnlich modernem Körperbau – mit Gansus yumenensis als Nestor, denn bislang gibt es keinen älteren Ornithurae-Fund.
Der chinesische Taucher teilte seine Vorliebe für Wasser mit späteren Ornithurae der Kreidezeit, während ihre Enantiornithes-Konkurrenz das Land dominierte und dort die Rolle von Singvögeln, Greifen oder Spechten einnahm. Womöglich blieben den modernen Vögeln anfänglich also nur See- und Uferökosysteme als Nischen, in denen sie sich entwickeln konnten, wenngleich ein paar Arten – Vorfahren von Straußen und Hühnern – schon wenig später in der Kreide zu einem rein terrestrischen Lebensstil übergingen.
Die richtig große Zeit von Gansus und Konsorten folgte allerdings erst nach dem Kreide-Tertiär-Massenaussterben vor 65 Millionen Jahren, bei dem nicht nur die Dinosaurier von der Bildfläche verschwanden, sondern auch die ungewöhnlichen Enantiornithes. Nun war Platz für eine regelrechte Explosion der Artenvielfalt der Vögel, die mit heute knapp 10 000 Arten die Erde bevölkern.
Das Schicksal einer zumindest anfänglichen wissenschaftlichen Missachtung hat Gansus yumenensis übrigens mit Vegavis iaai gemein, mit immerhin 68 Millionen Jahren eine ebenfalls relativ alte Ente aus der Spätzeit der Dinos. Auch ihr Fossil gammelte lange Jahre in wissenschaftlichen Sammlungen vor sich hin, bis ein Forscher ihren wahren Wert entdeckte – gegen Dinosaurier konkurriert es sich also ziemlich schlecht um Aufmerksamkeit. Aus Sicht der Enten und Taucher dürfte der evolutionäre Sieg jedoch wohl deutlich höher stehen.
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