Natürliche Abwehr: Glykoprotein aus Muttermilch schützt Säuglinge vor HIV
Wenn HIV-positive Mütter ihre Säuglinge stillen, besteht die Gefahr, den Erreger auf das Kind zu übertragen – antiretrovirale Medikamente senken dieses Risiko, schützen aber nicht vollständig. Ohnehin infizieren sich aber 90 Prozent der gestillten Kinder auch ohne Medikament nicht. Verantwortlich sind Substanzen in der Muttermilch – und vor allem ein Glykoprotein, wie Forscher um Sallie Permar vom Duke University Medical Center in Boston nun herausgefunden haben.
Seit 2012 war bekannt, dass Muttermilch HIV hemmende Substanzen enthält, etwa die antiviralen Wirkstoffe Lactoferrin und Mucin-1. Permar und Kollegen gaben nun infektiöse HIV-Partikel und andere Viren zusammen mit Milchproben auf menschliche Zellen; zudem testeten sie die Wirkung gegen HIV an Mäusen. Als bisher unbekannte, wirksame Substanz identifizierten sie dabei das große Glykoprotein Tenascin-C (TNC).
TNC blockiert eine entscheidende Stelle an dem Virushüllprotein gp120, wie die Forscher mit Hilfe spektroskopischer Analyseverfahren feststellten. Danach ist das Virus nicht mehr in der Lage, an die Wirtszelle anzudocken, und die Infektion wird verhindert. Die Forscher halten es für wahrscheinlich, dass die HIV hemmende Wirkung von Muttermilch zum Großteil auf TNC zurückzuführen ist: Vor allem dieses Protein sorge für den natürlichen Schutz der Säuglinge vor einer Infektion mit dem Retrovirus.
Ob TNC auch als Prophylaxe-Wirkstoff genutzt werden kann, wird sich erst in weiteren Studien herausstellen. Synthetische TNC-Varianten, die im Labor in verschiedenen Zelltypen künstlich hergestellt wurden, wirkten in Versuchen nicht so effektiv wie natürliches TNC. Offenbar komme es je nach Zelltyp, in dem das Protein im Labor produziert wird, zu kleinen molekularen Abänderungen, die die Funktion des Proteins beeinträchtigen, spekulieren die Forscher.
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