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Bio-Elektronik: Goldene Elektroden machen Zellen zu Cyborgs

Elektronik und biologische Systeme gehen bisher nur schwer zusammen. Mit einer neuen Technik lassen sich nun Metallstrukturen auf Zellen drucken - womöglich bald auch Schaltkreise.
Eine Bindegewebszelle mit aufgedruckten Goldelektroden - hier gelb nachkoloriert.
Elektronenmikroskopische Aufnahme einer Bindegewebszelle mit aufgedruckten Goldelektroden - hier gelb nachkoloriert.

Elektronik und Biologie gehen nur schwer zusammen. Harte Metallkontakte und spitze Drähte drohen die feinen Zellmembranen zu beschädigen oder sind schlicht zu steif, um gut in Organismen und Geweben zu funktionieren. Und integrierte Schaltkreise sind zwar inzwischen klein genug, um auf oder gar in Zellen zu passen, aber um sie herzustellen, braucht man aggressive Chemikalien oder hohe Temperaturen, die jedes Leben auslöschen. Ein Team um Luo Gu und David H. Gracias von der Johns Hopkins University in Baltimore hat nun eine Technik zur Herstellung von »Cyborg-Zellen« entwickelt, die direkt auf ihrer Membran elektronische Bauteile tragen können. Die Arbeitsgruppe berichtet in der Fachzeitschrift »Nano Letters«, wie sie beliebige Anordnungen aus winzigen goldenen Elektroden und Drähten direkt auf Zellen aufträgt, ohne sie zu töten.

Der Prozess ist allerdings ziemlich aufwändig. Die Fachleute druckten das gewünschte Muster von nur nanometergroßen Linien und Punkten aus Gold zuerst auf einen mit einem Kunststoff beschichteten Siliziumträger. Anschließend lösten sie den Kunststoff auf und übertrugen das Muster auf einen Glasträger, wo sie das Gold in ein extrem weiches Gel einbetteten. Dieses Gel legten sie dann auf eine Zelle, so dass nach dem Abbau des Gels mit einem Enzym schließlich das Muster aus Gold auf der Oberfläche der Zelle lag. Gold ist ungiftig und leitet Strom gut. Derartige Strukturen könnten elektronische Bauteile direkt auf der Zelle bilden – zum Beispiel Antennen oder Schaltkreise. Durch ihre Position direkt auf der Membran könnten solche Bauteile auch die veränderlichen elektrischen Potenziale der Zelle messen, nutzen oder gar selbst verändern. Das würde die Zellen quasi zu Cyborgs machen – Mischwesen aus biologischen und technischen Komponenten.

Bisher übertrug die Arbeitsgruppe auf diese Weise lediglich einzelne Punkte und Drähte, um zu beweisen, dass das Prinzip funktioniert. Neben einzelnen Zellen bedruckten Gu und Gracias jedoch bereits ganze Gewebe mit den Elektroden, zum Beispiel Lagen aus Bindegewebszellen und Rattenhirne. Obwohl sie aus Metall bestehen, sind die Anordnungen aus nur nanometergroßen Strukturen klein und flexibel genug, um sich an biologische Strukturen anzupassen. Dadurch bieten sie einen Anknüpfungspunkt für klassische Elektronik, so dass man auf diese Weise zum Beispiel Computerchips direkt mit biologischem Gewebe verknüpfen kann. Potenzielle Anwendungen für solche Techniken wären zum Beispiel Biosensoren für Gifte oder auch biologische Signalstoffe, medizinische Elektronik oder auch Nervenanschlüsse für intelligente Prothesen.

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