Rohstoffgewinnung: Goldwäsche mit Stärke
Gold aus Erzen oder durch Recycling zu gewinnen, gilt nicht zu Unrecht als umweltgefährdend: Vielfach verwendet man Quecksilber oder Zyanid, um das begehrte Edelmetall aus dem Gestein oder Sedimenten herauszulösen und zu binden. Nach verschiedenen Umweltkatastrophen durch zyanidverseuchte Bergbauschlämme hat die EU die Salze der Blausäure 2010 in der Europäischen Union verboten, in vielen anderen Ländern setzen Minenbetreiber jedoch weiterhin auf diese Mittel. Zhichang Liu von der Northwestern University in Evanston und seine Kollegen bieten jetzt jedoch eine einfache wie saubere Alternative an: Stärkekörner – einen Ersatzstoff, den sie durch Zufall entdeckten.
Liu mischte zwei wässrige Lösungen in einem Becherglas bei Zimmertemperatur, weil er aus den darin befindlichen Substanzen – Cyclodextrin (ein ringförmiges Abbauprodukt der Stärke) und Goldsalzen – ein kubisches Gerüst erzeugen wollte, in dem sich Gase oder kleine Moleküle speichern lassen. Stattdessen erhielt er winzige goldhaltige Nadeln, die sich bildeten, sobald beide Lösungen miteinander in Kontakt gerieten: Es entstanden strohhalmartige Bündel aus supramolekularen Nanodrähten. Verantwortlich dafür ist das alpha-Cyclodextrin: Es besteht aus sechs Glukoseeinheiten und isoliert das Gold mit Hilfe einer kettenreaktionsartigen Komplexbildung.
Als Goldsalz verwendeten die Forscher Koordinationsverbindungen des Edelmetalls mit Kalium und Chlor beziehungsweise Brom – etwa das Komplexsalz Kaliumtetrabromoaurat –, an die sich in der wässrigen Lösung sechs Wassermoleküle anlagern, was zu einer schneeflockenartigen Struktur führt. Das Cyclodextrin "wickelt" sich dann anschließend um dieses hydrierte Goldsalz, hüllt es ein und verknüpft es über Brückenbindungen zu den Nanodrähten. Diese richten sich dann nahezu parallel zueinander aus, so dass die bündelförmigen Nanonadeln aus rund 4000 Drähten entstehen, die unter dem Elektronenmikroskop sichtbar sind. Anschließend muss man diesen Komplex mit Hilfe von Natriumdisulfit (Na2S2O5) reduzieren, um das reine Gold zu erhalten.
Die dabei übrig bleibenden Alkalimetallsalze gelten als relativ unkritisch für die Umwelt, was ein entscheidender Vorteil gegenüber gegenwärtigen Methoden wäre. Außerdem scheidet die Methode hochselektiv Gold ab, aber nicht Palladium und Platin, zwei Metalle, derentwegen man das Gold bisher aufwändig nachbereinigen musste. Ob es allerdings tatsächlich Zyanid auch zum Herauslaugen des Edelmetalls aus primären Golderzen verdrängt, ist vorerst fraglich, da das Stärkeprodukt seine Vorteile vor allem beim Abscheideprozess gezeigt hat. Im Goldrecycling – etwa aus Elektroschrott – könnte es jedoch eine große Zukunft vor sich haben, hoffen Liu und Co.
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