Sinnesphysiologie: Good Vibrations
Der Fingerabdruck ist einzigartig – und klebt an allem, wovon wir unsere Finger nicht lassen. Aber können die kleinen Rillen an den Fingerkuppen noch mehr als bloß schön aussehen und überall Spuren hinterlassen?
Generationen von Panzerknackern, Einbrechern und Taschendieben sind die verräterischen Kerben an den Fingerspitzen bereits zum Verhängnis geworden: Polizisten bei der Spurensicherung am Tatort interessieren sich eben sehr für deren Abdrücke. So bringen die Papillarleisten den einen hinter Gitter und verhelfen dem anderen zum Fahndungserfolg. Aber welchen Sinn und Zweck haben die Fingerrillen eigentlich biologisch? Sind die kleinen Kunstwerke reine Zufallsprodukte? Helfen sie uns zusammen mit Talg- und Schweißabsonderungen dabei, Gegenstände sicherer zu greifen? Oder könnte man ohne Nachteile auf die Rillenmuster verzichten, wie es der ein oder andere Gesetzlose gern tun würde?
Per Gummifinger ahmten die Wissenschaftler dann eine echte Berührung nach, indem sie eine aufgeraute Glasscheibe auf ihren Dummy drückten. Die Textur dieser Glasplatte bestand ebenfalls aus parallelen Rillen, die aber in zufällig variierenden Abständen über die Oberfläche verteilt waren. Dann ließen sie die Scheibe gleichmäßig über den Finger gleiten, wiederholten den Vorgang mit einer glatten Kunststoffkappe völlig ohne Textur und verglichen die Messdaten des Drucksensors.
Beim Gleiten über die Platte vibrierten beide Versionen mit einer bestimmten Frequenz. Das Vibrationsmuster der gefurchten Fingerkuppe wurde aber zusätzlich von einem Signal überlagert, das viel schneller hin und her schwang. Diese zweite Frequenz wurde von der Geschwindigkeit der Gleitbewegung und dem Rillenabstand auf dem Finger-Dummy bestimmt.
Debregeas und seine Mitarbeiter übertrugen diesen Zusammenhang nun auf einen Finger aus Fleisch und Blut: Der typische Rillenabstand der Papillarleisten liegt bei etwa einem halben Millimeter, die charakteristische Geschwindigkeit beim Befühlen einer Oberfläche bei 10 bis 15 Zentimeter pro Sekunde. Nach Adam Riese ergibt sich damit für die unter die Haut gehenden Vibrationen einer echten Fingerkuppe eine Frequenz von 200 bis 300 Hertz.
Erstaunlicherweise liegt diese Frequenz genau im optimalen Sensitivitätsbereich (250 Hertz) der Vater-Pacini-Körperchen, spezifischen Mechanorezeptoren der Haut. Offenbar wirkt die Textur der Papillarleisten als Filter und verstärkt genau die Schwingungen, die von den Vater-Pacini-Körperchen am besten wahrgenommen werden können. Neben diesen gibt es in der Haut noch drei weitere Gruppen von Mechanorezeptoren, die alle nach ihren Entdeckern benannt wurden: Meissner, Merkel und Ruffini. Aus dem Team der vier Fühler sind aber nur die Vater-Pacini-Körperchen auf die Wahrnehmung hochfrequenter Vibrationen spezialisiert.
Offenbar helfen die Fingerrillen uns – und allen anderen Primaten – bei der Wahrnehmung sehr glatter Oberflächen. Die Signalverstärkung durch das Rillenmuster ist dabei maximal, wenn die Streichbewegung senkrecht zu den Kerben verläuft. Bei einem Blick auf die eigene Fingerspitze macht nun auch die verwirbelte Struktur der Papillarleisten Sinn – für jede mögliche Fühlrichtung gibt es mindestens einen Bereich, in dem die Vater-Pacini-Körperchen im Untergrund optimal sensibel sind.
Somit scheint man den Fall "Fingerrillen – Warum?" vorerst zu den Akten legen zu können. Zwei Wahrheiten gelten danach ohnehin weiter: Einbrecher sollten sich nicht zu schade sein, in ein Paar Handschuhe zu investieren – und Streicheleinheiten kribbeln erst mit Rillenmuster so richtig.
Bei der Suche nach dem Sinn folgten Georges Debregeas und seine Kollegen von der Université Paris einer heißer Spur. Sie wussten bereits, dass Vibrationen unter der Haut auftreten, wenn ein Finger über eine fein strukturierte Oberfläche streicht. Nun wollten sie den Einfluss der Papillarleisten auf diese subkutanen Schwingungen untersuchen, indem sie einen Finger-Dummy bastelten, mit dem sie die Vibrationen simulieren und messen konnten. Dazu statteten die Forscher einen druckempfindlichen Sensor mit einer elastisch verformbaren Kunststoffkappe aus. Um die Imitation einer Fingerspitze perfekt zu machen, hatte die Kappe auf der Oberfläche ein regelmässiges Rillenmuster.
Per Gummifinger ahmten die Wissenschaftler dann eine echte Berührung nach, indem sie eine aufgeraute Glasscheibe auf ihren Dummy drückten. Die Textur dieser Glasplatte bestand ebenfalls aus parallelen Rillen, die aber in zufällig variierenden Abständen über die Oberfläche verteilt waren. Dann ließen sie die Scheibe gleichmäßig über den Finger gleiten, wiederholten den Vorgang mit einer glatten Kunststoffkappe völlig ohne Textur und verglichen die Messdaten des Drucksensors.
Beim Gleiten über die Platte vibrierten beide Versionen mit einer bestimmten Frequenz. Das Vibrationsmuster der gefurchten Fingerkuppe wurde aber zusätzlich von einem Signal überlagert, das viel schneller hin und her schwang. Diese zweite Frequenz wurde von der Geschwindigkeit der Gleitbewegung und dem Rillenabstand auf dem Finger-Dummy bestimmt.
Debregeas und seine Mitarbeiter übertrugen diesen Zusammenhang nun auf einen Finger aus Fleisch und Blut: Der typische Rillenabstand der Papillarleisten liegt bei etwa einem halben Millimeter, die charakteristische Geschwindigkeit beim Befühlen einer Oberfläche bei 10 bis 15 Zentimeter pro Sekunde. Nach Adam Riese ergibt sich damit für die unter die Haut gehenden Vibrationen einer echten Fingerkuppe eine Frequenz von 200 bis 300 Hertz.
Erstaunlicherweise liegt diese Frequenz genau im optimalen Sensitivitätsbereich (250 Hertz) der Vater-Pacini-Körperchen, spezifischen Mechanorezeptoren der Haut. Offenbar wirkt die Textur der Papillarleisten als Filter und verstärkt genau die Schwingungen, die von den Vater-Pacini-Körperchen am besten wahrgenommen werden können. Neben diesen gibt es in der Haut noch drei weitere Gruppen von Mechanorezeptoren, die alle nach ihren Entdeckern benannt wurden: Meissner, Merkel und Ruffini. Aus dem Team der vier Fühler sind aber nur die Vater-Pacini-Körperchen auf die Wahrnehmung hochfrequenter Vibrationen spezialisiert.
Offenbar helfen die Fingerrillen uns – und allen anderen Primaten – bei der Wahrnehmung sehr glatter Oberflächen. Die Signalverstärkung durch das Rillenmuster ist dabei maximal, wenn die Streichbewegung senkrecht zu den Kerben verläuft. Bei einem Blick auf die eigene Fingerspitze macht nun auch die verwirbelte Struktur der Papillarleisten Sinn – für jede mögliche Fühlrichtung gibt es mindestens einen Bereich, in dem die Vater-Pacini-Körperchen im Untergrund optimal sensibel sind.
Somit scheint man den Fall "Fingerrillen – Warum?" vorerst zu den Akten legen zu können. Zwei Wahrheiten gelten danach ohnehin weiter: Einbrecher sollten sich nicht zu schade sein, in ein Paar Handschuhe zu investieren – und Streicheleinheiten kribbeln erst mit Rillenmuster so richtig.
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