Technologie: Ein Halbleiter aus Graphen übertrifft Silizium
Alle unsere elektronischen Geräte basieren auf Silizium. Das Element ist ein natürlicher Halbleiter – das heißt, es lässt sich steuern, ob Silizium Strom leitet oder nicht. Diese Eigenschaft ist entscheidend, um Bauteile wie Transistoren zu konstruieren. Je mehr von ihnen sich auf Computerchips verbauen lassen, desto leistungsfähiger werden die Geräte. Doch wir könnten schon bald eine Grenze erreichen: Siliziumbasierte Bauteile werden sich demnächst nicht weiter verkleinern lassen. Daher läuft eine Suche nach alternativen Halbleitern, mit denen sich die Schaltkreise betreiben lassen.
Eine Forschungsgruppe um den Physiker Walter de Heer vom Georgia Institute of Technology und seinen Kollegen Jian Zhao von der Universität Tianjin berichtet in einer am 3. Januar 2024 bei »Nature« erschienenen Arbeit, nun erstmals einen Halbleiter aus Graphen entwickelt zu haben, der eine zehnmal höhere Mobilität aufweist als Silizium. Letzteres bedeutet, dass sich die Elektronen deutlich schneller durch das Material bewegen und somit raschere Berechnungen erlauben könnten. »Das ist so, als würde man auf einer Autobahn fahren und nicht auf einer Schotterpiste«, sagte de Heer in einer Pressemitteilung. »Graphen ist effizienter, heizt sich nicht so stark auf und ermöglicht höhere Geschwindigkeiten.«
Graphen ist ein stabiles zweidimensionales Material, das 2004 erstmals hergestellt wurde. Dabei handelt es sich um eine einzelne Schicht Graphit, also ein hexagonales Gitter aus Kohlenstoffatomen. Durch seine Zweidimensionalität besitzt Graphen erstaunliche Eigenschaften – weshalb sich schnell ein regelrechter Hype um den Stoff entwickelte. Doch die wundersamen Anwendungen, die gepriesen wurden, ließen auf sich warten. Liefern graphenbasierte Halbleiter nun den lange erwarteten Durchbruch?
Jahrelange Bemühungen tragen Früchte
In seiner gewöhnlichen Form ist Graphen kein Halbleiter. Erst durch einen bestimmten Herstellungsprozess kann es die gewünschte elektronische Struktur erhalten. Dafür muss man Graphen auf einem Siliziumkarbid-Substrat anreichern. Die Kopplung an die Siliziumatome des Substrats führt dazu, dass Graphen zu einem Halbleiter wird.
Das war bereits 2008 bekannt. Allerdings ließen sich durch die Prozedur keine ausreichend großen Halbleiter produzieren, wie sie für elektronische Anwendungen nötig sind. Zudem muss sich die Halbleiterstruktur bearbeiten lassen, ohne dass sie ihre elektronischen Eigenschaften einbüßt. De Heer und seine Forschungsgruppe arbeiteten zehn Jahre lang an dem Problem, bis sie eine Lösung fanden: Sie legten zwei Siliziumkarbid-Schichten versetzt aufeinander und erhitzten sie, wodurch sich die Kohlenstoffatome lösten und eine Graphenschicht bildeten. Die so entstandene Struktur erwies sich als überaus stabiler Halbleiter mit erstaunlicher Mobilität. »Es ist ein extrem robustes Material, das sehr große Ströme bewältigen kann, ohne sich zu erhitzen und auseinanderzufallen«, sagte de Heer.
Doch als die Forschenden ihren Graphen-Halbleiter in einen Transistor verbauten, fanden sie eine deutlich niedrigere Mobilität vor: Sie war etwa 200-mal schwächer als im isolierten Halbleiter. De Heer und seine Kollegen vermuten, dass die anderen eingesetzten Materialien innerhalb des Transistors schuld daran sind, da sie nicht an das Graphen angepasst wurden. Doch das Team zeigt sich optimistisch: »Die Verbesserung der Metallkontakte und der Qualität der dielektrischen Schicht wird die Leistung des Bauelements deutlich erhöhen«, schreibt es in seiner Veröffentlichung.
»Herauszufinden, ob ein anderes Dielektrikum die Mobilität verbessert, ist eine von vielen Herausforderungen, die auf das Team zukommen«, schreiben die Physikerin Francesca Iacopi von der University of Technology Sydney und ihr Kollege Andrea Ferrari von der University of Cambridge in einem einordnenden Artikel bei »Nature«. Doch auch sie sehen Potenzial in der Halbleiterstruktur aus Graphen. Denn Siliziumkarbid findet wegen seiner Stabilität bereits in einigen Bereichen Anwendung, etwa der Raumfahrt und Mikroelektronik. Die Kopplung mit einem Graphen-Halbleiter könnte interessante elektronische Strukturen erlauben, wie die Physikerin und ihr Kollege erklären: »Das würde eine höhere Effizienz von Systemen ermöglichen, die Sensoren mit logischen Recheneinheiten kombinieren.«
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