Nanotechnologie: Graphen, frisch aus der Mikrowelle
Um an ein Atom dicke Schichten aus reinem Kohlenstoff zu gelangen, genügt es im Grunde, von einem Block Graphit – dieser besteht aus zahlreichen solcher Schichten – einzelne abzureißen. Das funktioniert theoretisch mit Tesafilm, das funktioniert im heimischen Küchenmixer. Und das funktioniert offenbar besonders gut in einer Mikrowelle, wie nun Wissenschaftler um Takuzo Aida vom RIKEN Center for Emergent Matter Science bei Tokio feststellten. Das Team hofft, die Methode eines Tages zur Massenproduktion von Graphen einsetzen zu können.
Die Forscher haben dazu Graphitpulver eine halbe Stunde lang in eine handelsübliche Mikrowelle gesteckt. Deren energiereiche Strahlung trennt die einzelnen Lagen voneinander ab. Doch damit diese nicht sofort wieder aneinanderhaften, bedarf es einer weiteren Zutat, die wohl nur in den allerwenigsten Küchen vorzufinden ist: eine ionische Flüssigkeit, die die Einzelschichten wie ein Schutzfilm umfließt und dadurch weniger "klebrig" macht.
Die eigens entwickelte Verbindung bescherte Aida und seinen Kollegen eine Ausbeute von 93 Prozent, wobei 95 Prozent der gewonnenen Graphenflocken zur erwünschten einzellagigen Sorte gezählt hätten, berichten die Forscher. Deformationen seien dabei nur selten aufgetreten.
Ionische Flüssigkeiten sind Salze, die bei Raumtemperatur kein festes Kristallgitter bilden und daher flüssig sind. Ihre elektrisch geladenen Bestandteile können sich frei bewegen und an die Oberfläche der Graphenschichten anlagern. Aida und Kollegen suchten nach geeigneten Trennmitteln und identifizierten kurzkettige Polymere aus Imidazolium und Ethylenoxid – dass diese an mehreren Stellen gleichzeitig an das Graphen andocken, mache sie besonders effektiv, heißt es in einer Mitteilung des Instituts.
Das Team freut sich zudem über einen potenziell nützlichen Nebeneffekt: Die freigesetzten Graphenschichten bildeten mitsamt der ionischen Flüssigkeit ein Gel – das erste, bei dem reines Graphen vorliege. Die gelösten Flocken könnten durch ein äußeres Magnetfeld ausgerichtet werden, wobei eine innere Struktur entstehe, die sogar nach Abschalten des Felds erhalten bleibe. Konkrete Ideen für eine Nutzung nennen die Forscher allerdings nicht.
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