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Arthroplastik: Graphit schmiert künstliche Hüftgelenke wie Motoröl

Künstliches Hüftgelenk aus Metall

Hüftimplantate aus Metall haben offenbar mehr mit Verbrennungsmotoren gemeinsam als mit natürlichen Gelenken – zumindest wenn man die Schmierschicht betrachtet, die die Reibung zwischen den einzelnen Komponenten mindern soll. Forscher aus Deutschland und den USA um Alfons Fischer von der Universität Duisburg-Essen haben herausgefunden, dass diese Schicht zum Großteil aus Kohlenstoff besteht und dadurch in ihrer Zusammensetzung eher Motoröl als der natürlichen Gelenkschmiere ähnelt.

Die Existenz der dünnen Schutzschicht, die sich im Körper um die einzelnen Metallkomponenten der Hüftimplantate bildet, konnten Fischer und seine Kollegen bereits in früheren Studien beweisen. Anhand von sieben künstlichen Gelenken, die Patienten aus unterschiedlichen Gründen wieder entfernt wurden, untersuchten die Forscher nun die Zusammensetzung der künstlichen Gelenkschmiere genauer. Ursprünglich nahm man an, dass die Schicht wie das natürliche Gleitmittel aus denaturierten Proteinen besteht – Eiweißen, die ihre höher geordneten Strukturen verloren haben.

Eine Elektronenenergieverlustspektroskopie, die Aufschluss über die Bindungsmuster zwischen den einzelnen Atomen gibt, offenbarte jedoch stattdessen die wohlbekannten Strukturen von Graphit. Zu etwa 82 Prozent besteht diese so genannte tribologische Schicht aus dem Kohlenstoff, als weitere Komponenten konnten die Wissenschaftler Kalzium und Sauerstoff ausmachen. Graphit wird bereits seit Langem als Festschmierstoff genutzt und ab und an auch Motoröl zugesetzt.

Röntgenaufnahme eines Hüftimplantats aus Metall | In der Illustration werden die einzelnen Kohlenstoffatome (in Rot) der dünnen Graphitschicht sichtbar, die sich um die Oberfläche der Metallprothese legt. Das rote Spekrum zeigt die Ergebnisse der Elektronenenergieverlustspektroskopie, mit deren Hilfe die Forscher das Rätsel der künstlichen Gelenkschmiere lösen konnten.

Die Erkenntnisse des internationalen Forscherteams versprechen Vorteile für die Praxis: Da die Wissenschaftler nun die Zusammensetzung der Schutzschicht kennen, können möglicherweise bald neue Legierungen entwickelt werden, die die Bildung der Graphitschicht zusätzlich unterstützen.

Abnutzungserscheinungen gehören aktuell zu den größten Problemen, mit denen Ärzte und Patienten bei künstlichem Hüftersatz zu kämpfen haben. Reine Metallimplantate bilden in diesem Zusammenhang bereits seit Längerem eine bessere Alternative etwa zu Metall-Polymer-Implantaten, weil sie sich weniger anfällig für Abrieb und Korrosion zeigen. Die neuen Erkenntnisse über die Graphitschicht haben nun das Rätsel gelöst, warum dem so ist.

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