News: Grippevirus entwirrt
Die besondere Tücke des ewig wiederkehrenden Quälgeists liegt darin, dass er sich durch genetische Mutationen kontinuierlich verändert. Selbst eine Impfung kann so nur kurzfristigen Schutz vor einem bestimmten Erregertyp bieten. Besonders gefährlich sind Mutationen, bei denen Gene aus Influenzastämmen, die normalerweise nur Tierarten infizieren, auf ein für Menschen gefährliches Virus übertragen werden. Sie verleihen den neuen Subtypen dann zusätzliche Brisanz.
Wie zum Beispiel im Jahr 1997, als der Tod eines dreijährigen Jungen aus Hongkong die Epidemiologen alarmierte: In seinem Blut wiesen sie den Virusstamm H5N1 nach, der bisher nur Hühner befallen hatte.
Sang Heui Seo und seine Kollegen vom St. Jude Children's Research Hospital in Memphis untersuchten nun, knapp fünf Jahre später, wie das Immunsystem sich gegen den Influenza-Stamm H5N1 zu wehren versuchte. Die Forscher behandelten dafür Zellkulturen mit unterschiedlichen Mengen antiviraler Cytokine – jene Stoffe die im Körper eigentlich dazu dienen, Virusinfektionen einzudämmen. Im Blut des Jungen hatte man erhöhte Konzentrationen nachgewiesen – offenbar hatten diese aber keine Wirkung.
Der Versuch zeigte, dass die Cytokine selbst in hohen Konzentrationen die Vermehrung des Virus nicht beeinflussten. Nähere Untersuchungen führten die Wissenschaftler dann zu dem Gen NS, welches sie als Ursache für den hartnäckigen Widerstand vermuteten. Sie bauten es deshalb in einen anderen Influenza-Stamm ein, der diese Resistenz normalerweise nicht besitzt. Bei der Wiederholung des Versuchs zeigte sich das neue Virus dann unbeeindruckt von den Cytokinen wie H5N1: auch hier wurde die Vermehrung des Erregers nicht beeinflusst.
Für die letzte Stufe ihrer Untersuchungen übertrugen sie das Experiment auf Schweine, wobei sich ihnen ein ähnliches Bild zeigte. Jene Tiere, die mit dem neuen Virus angesteckt wurden, waren wesentlich stärker und länger krank als die Vergleichsgruppe, welche sie zuvor mit dem unmodifizierten Virus infiziert hatten.
Da der Grund für die Resistenz des Virus nun bekannt ist, können Epidemiologen das Gen in zukünftige Influenza-Studien mit einbeziehen. Dadurch lässt sich vor allem die Früherkennung möglicher weltweiter Grippeepidemien verbessern, wie sie bis ins Jahr 1977 regelmäßig wiederkehrten und viele Opfer forderten. Die Übertragung des Virus von Geflügel auf den Menschen 1997 in Hongkong war eine Warnung, dass die Krankheit auch in Zukunft wieder außer Kontrolle geraten könnte.
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