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Gletscherschmelze: Gewaltiger Gletscherausbruch auf Grönland beobachtet

Immer wieder fließen Schmelzwasserseen im Umfeld von Gletscher aus. Doch nur selten erreichen sie die Dimensionen, die auf Grönland erstmals in Echtzeit betrachtet werden konnten.
Gräuliches Schmelzwasser fließt über graues Gestein vor einer schmutzigweißen Eiswand in Grönland. Wenigstens ist der Himmel freundlich blau-weiß.
Schmelzwasser bricht immer wieder aus Gletscherseen aus, die sich im Vorfeld oder unter der Eiszunge gebildet haben (Symbolbild).

Zwischen dem 23. September und dem 11. Oktober ereignete sich im Osten Grönlands ein gewaltiges Naturschauspiel: Der Catalina Lake durchbrach seine eisige Sperre und ergoss sich in den Scoresbysund-Fjord, wodurch sich der Seespiegel um 154 Meter senkte. Mehr als drei Billionen Liter flossen dabei aus, schätzen Wissenschaftler der Universität Kopenhagen, die zum ersten Mal weltweit ein derart großes Ereignis quasi live über Satelliten beobachten und vermessen konnten.

Der See hatte sich seit etwa 2004 angestaut: Er liegt in einem Tal, das vom großen Edward-Bailey-Gletscher blockiert ist, welcher den normalen Abfluss des Schmelzwasssers verhindert. Der zunehmende Wasserdruck begann die Eiszunge anzuheben und höhlte nach und nach einen etwa 25 Kilometer langen Tunnel unter dem Gletscher aus. Im Herbst 2024 konnten die verbliebenen Eiswände auf diesem Weg den Wassermassen nicht mehr standhalten: 3,4 Kubikkilometer Wasser entleerten sich aus dem See ins Meer.

Derartige Gletscherseeausbrüche kommen regelmäßig vor, umfassen jedoch normalerweise geringere Mengen. Insgesamt könnte sich dieses Ereignis unter den drei größten, bisher bekannten Ausbrüchen befinden, schätzt das Team um den Klimaforscher Aslak Grinsted, die das Schauspiel verfolgt haben. Polarnächte oder dichte Wolkendecken hatten andernorts die Satellitenüberwachung zuvor verhindert, während sie hier gelang.

Menschen waren dadurch in der wenig besiedelten und nur selten besuchten Landstrich nicht gefährdet. Doch in anderen Regionen bedrohen Gletscherausbrüche ganze Dörfer: 15 Millionen Menschen leben Schätzungen zufolge in Risikogebieten. Vor allem im Himalaja kommt es regelmäßig zu verheerenden Schmelzwasserläufen, bei denen Menschen ums Leben kommen. Für die Zukunft erwarten die dänischen Forscher weitere und zum Teil auch noch größere Ausbrüche wie den von ihnen beobachteten. »Wir werden in den kommenden Jahrhunderten, wenn sich das grönländische Inlandeis wegen des Klimawandels zurückzieht, Ausbrüche von noch größeren Seen erleben. Am Ende der letzten Eiszeit hatte der nordamerikanische Missoula-See einen Ausbruch, der 2500-mal größer war als das jüngste Ereignis am Lake Catalina«, sagt Grinsted.

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