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Klimawandel: Grönlandeis: im Zentrum mehr, am Rande weniger

Eislandschaft vor Grönland
Norwegische Forscher berichten, dass die Eisdecke Grönlands insgesamt betrachtet in den vergangenen elf Jahren um etwa fünfzig Zentimeter dicker geworden ist. Der Zuwachs beschränkt sich allerdings auf Regionen, die mehr als 1500 Meter über dem Meeresspiegel liegen. In niedriger liegenden Gebieten und im Küstenbereich dünnte die Eisschicht aus, berichten Ola Johannessen von Nansen-Forschungszentrum für Umweltwissenschaften und Fernerkundung und seine Kollegen.

Die Wissenschaftler hatten Daten der beiden Esa-Satelliten ERS-1 und ERS-2 aus den Jahren 1992 bis 2003 ausgewertet und die Ergebnisse mit der Stärke der Nordatlantischen Oszillation (NAO) verglichen, die für unsere Breiten wetterbestimmend ist. Dabei stellten sie einen engen Zusammenhang zwischen dem winterlichen Eiszuwachs und der NAO fest. Klimamodelle hatten bei einer Temperaturzunahme von 2,7 Grad Celsius eine Zunahme der Inlandeisdecke durch vermehrten Schnee-Niederschlag prognostiziert. Die Forscher vermuten daher, dass ein Viertel des beobachteten Anwachsens auf den Klimawandel zurückzuführen ist [1].

Richard Alley von der Pennsylvania State University und seine Kollegen beschäftigten sich mit der Gefahr der Gletscherschmelze in den Polargebieten. Ein völliges Abschmelzen des grönländischen Inlandeises und der Eiskappe der Antarktis würde den Meeresspiegel um etwa 70 Meter ansteigen lassen, doch sorgte Schneefall in der Antarktis bislang für einen Ausgleich. Die Forscher stützten sich in ihren Modellrechnungen auf Daten, die keinen Zuwachs, sondern eine Abnahme des grönländischen Eispanzers offenbarten.

Damit zeigen die Forscher nun, dass ein theoretischer Anstieg der globalen Temperatur von nur 3 Grad Celsius ausreichen würde, das Grönlandeis rapide abschmelzen zu lassen [2]. Sollte es bei dem derzeitigen Ausstoß von Treibhausgasen in unsere Atmosphäre bleiben, könnte bereits im Jahr 2050 dieser Prozess unwiderruflich in Gang gesetzt werden, erläutert Philippe Huybrechts vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven. Der Schneefall in der Antarktis würde nach dem 21. Jahrhundert demnach dann nicht mehr ausreichen, den Beitrag Grönlands zum Anstieg des Meeresspiegels zu kompensieren. Um einen Temperaturanstieg von einem Grad Celsius auszugleichen, müssten die Niederschläge um vierzig Prozent zunehmen.

Diese theoretische Möglichkeit, wie es in Zukunft um das Klima, die Eisverteilung und die Höhe des Meeresspiegels auf der Erde bestellt ist, macht deutlich, wie wichtig zuverlässige Daten über das gesamte Eisvorkommen auf unserem Planeten sind. Der Anfang Oktober beim Start verloren gegangene Satellit CryoSat sollte der Wissenschaft ebensolche Daten liefern, um genauere Aussagen über die klimatische Zukunft unseres Planeten treffen zu können. Die Prognosen der Glaziologen machen klar: Ein Neustart von CryoSat oder ähnlichem ist für alle Menschen wichtiger denn je.

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