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Riffsterben: Größte jemals beobachtete Korallenbleiche steht bevor

Extrem warmes Wasser in allen Meeren macht die vierte globale Korallenbleiche zur schwersten bisher. Eine gute Nachricht gibt es zwar – aber um die Zukunft der Riffe steht es schlecht.
Ausgebleichte Korallen am Great Barrier Reef. Mit Korallen ist es ähnlich wie mit antiken Statuen: in brilliantem Weiß mögen sie zwar auf den ersten Blick ganz hübsch aussehen - aber tatsächlich ist es ein Zeichen des Verfalls.
Gebleichte Korallen am Großen Barriereriff vor Australien.

Die ungewöhnlich hohen Meerestemperaturen weltweit lassen Korallenriffe in nie gekanntem Ausmaß ausbleichen. Bereits jetzt seien 54 Prozent der Riffe so warm, dass die Korallen dort ihre symbiotischen Algen verlieren, berichtet die Nationale Ozean- und Atmosphärenbehörde (NOAA) der USA. Jede Woche komme etwa ein Prozent hinzu. Damit wird die diesjährige Korallenbleiche schon Ende des Monats das bisher schwerste derartige Ereignis im Jahr 2017 an Fläche übertreffen. Damals waren bis zu 56 Prozent der Korallenriffe betroffen. Es ist inzwischen die vierte globale Korallenbleiche, die erste verzeichneten Fachleute im Jahr 1998. Als global gilt so ein Ereignis, wenn mehr als zwölf Prozent der Riffe betroffen sind. Im Jahr 2024 könnten es womöglich mehr als zwei Drittel werden.

Korallen leben in Symbiose mit Mikroalgen, die mit Sonnenlicht Nährstoffe produzieren. Wenn das Wasser in ihrer Umgebung sich über einen bestimmten Schwellenwert aufheizt, verändert sich jedoch das Verhältnis zwischen beiden Partnern. Zum einen beschädigen hohe Temperaturen die Fotosynthesemaschine der Algen, so dass sie aggressive Chemikalien produziert, die die Koralle schädigen. Zum anderen hören die Algen auf, der Koralle Zucker zu liefern, nehmen aber weiter deren Nährstoffe an – sie werden zu Parasiten. Um sich zu schützen, setzen die Korallen ihre nun schädlichen Untermieter vor die Tür. Allerdings fehlen ihnen dann deren Nährstoffe und sie drohen zu verhungern.

Die wichtigste einzelne Ursache hinter den weltweit fast ausnahmslos hohen Wassertemperaturen ist der globale Klimawandel. Die Meeresoberfläche hat sich nach Daten der NOAA in den letzten 100 Jahren um etwa 0,13 Grad Celsius pro Jahrzehnt erwärmt. Der zweite zentrale Faktor ist El Niño, eine natürliche Warmperiode im tropischen Pazifik, die alle paar Jahre auftritt. Sie erhöht die Meerestemperaturen besonders im Indischen und Pazifischen Ozean. Hinzu kommt, dass der von El Niño wenig beeinflusste Atlantik ebenfalls außergewöhnlich warm ist – die Gründe dafür sind derzeit noch ungeklärt –; und es gibt weitere Faktoren, die mutmaßlich die Meere weltweit aufheizen. Bereits jetzt berichten viele Staaten und Fachleute von schweren Korallenbleichen im Golf von Mexiko, dem Indischen Ozean oder am Großen Barriereriff vor Australien.

Betroffen sind laut Berichten sogar Arten, die höheren Temperaturen besser widerstehen, und Regionen, die gemeinhin kühler sind und bisher als Refugium dienten. Wenn Korallen ausbleichen, ist das jedoch nicht das Ende. Sobald die Bedingungen besser werden, können die Korallen ihre symbiotischen Algen wieder aufnehmen. Die gute Nachricht ist deswegen, dass die Korallenbleiche 2024 nach Ansicht von Fachleuten nicht lange anhält und schon bis zum Jahresende wieder verschwunden sein dürfte. Solche Ereignisse schwächen die Korallen jedoch: Sie werden anfälliger für Parasiten und Krankheiten und pflanzen sich weniger fort. Wiederholte Korallenbleichen können Riffe deswegen absterben lassen. Klimamodelle sagen selbst für Szenarien mit langsam steigenden Emissionen voraus, dass Riffe um 2040 zwei- bis dreimal so oft von Korallenbleichen betroffen sein könnten wie im 20. Jahrhundert.

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