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Deniliquin: Der wohl größte Meteoritenkrater der Welt

In Südostaustralien verbirgt sich wohl die Spur einer unvorstellbaren Katastrophe. Die runde Struktur ist dreimal so groß wie der Chicxulub-Krater vom Untergang der Dinosaurier.
Illustration eines Asteroideneinschlags.
Asteroiden treffen die Erde immer mal wieder - doch wirklich gigantische Treffer sind extrem selten.

Tief unter der Oberfläche Südostaustraliens liegt eine merkwürdige Struktur begraben. Erkennbar ist sie bisher nur anhand von magnetischen Anomalien, doch was sich in den verzerrten Feldlinien abzeichnet, ist bemerkenswert: Ein System aus konzentrischen Ringen gruppiert sich um einen Buckel in der Mitte. Das deutet auf einen Meteoritenkrater hin. Solche Formationen entstehen immer mal wieder, wenn ein Himmelskörper auf der Erde einschlägt. Außergewöhnlich allerdings ist die Größe der Ringstruktur, deren Zentrum unter dem Ort Deniliquin liegt: Sie misst mindestens 520 Kilometer im Durchmesser. Damit ist sie weit größer als jeder andere bekannte Asteroidenkrater auf der Erde.

Der bislang größte bekannte Einschlagkrater der Erde ist die Vredefort-Stuktur, die bei ihrer Entstehung vor mehr als zwei Milliarden Jahren einen Durchmesser von bis zu 300 Kilometern hatte. 2006 entdeckten Fachleute unter dem Eis der Antarktis einen knapp 480 Kilometer messenden Krater – bei diesem ist jedoch bisher nicht nachgewiesen, dass es sich wirklich um die Spur eines Einschlags handelt. Der Deniliquin-Krater wäre noch mal deutlich größer. Allerdings ist keineswegs sicher, dass es sich tatsächlich um einen wahrhaft gigantischen Einschlag handelt – und nicht nur um eine zufällig etwa kreisförmige Laune der Natur.

Wenn ein mehrere Kilometer großer Asteroid die Erde trifft, verdampft er riesige Mengen Gestein und schlägt eine schüsselförmige Vertiefung in die Erdkruste. Während Stoßwellen und herausgeschleudertes Material sich vom Einschlagpunkt nach außen ausbreiten, verhält sich das Gestein im Zentrum des Kraters für kurze Zeit eher wie Wasser, in das man einen Stein geworfen hat: Es federt zurück nach oben, während sich konzentrische Wellen im neuen Krater ausbreiten. Gleichzeitig sacken die instabilen Kraterwände nach innen und füllen das entstehende Loch teilweise auf. Dadurch bilden sich die Ringstrukturen und der für solche großen Krater typische Zentralberg.

Doch in Deniliquin ist davon nichts mehr sichtbar; all das liegt unter rund vier Kilometer dicken Gesteinsschichten begraben. Sich auftürmende Gebirge, ausbrechende Vulkane, Wind und Wasser haben ihre Form überdeckt und abgeschliffen. Mehrere Indizien, in einer Veröffentlichung zusammengetragen von Andrew Glikson von der University of New South Wales und dem Geologen Tony Yeates, stützen jedoch die Vermutung, dass es sich tatsächlich um den größten bisher entdeckten Krater des Planeten handelt. Neben den verräterischen magnetischen Ringen, auf die Fachleute schon im Jahr 2000 hinwiesen, zeigten sich bei Messungen im Jahr 2009 etwa kreisförmige Schwerkraftmuster. Im Jahr 2015 wurde außerdem eine Beule im Erdmantel entdeckt, die sich unter dem mutmaßlichen Krater nach oben wölbt – sie entstand womöglich, als dutzende Kilometer Gestein verdampften und der Erdmantel sich durch das fehlende Gewicht nach oben wölbte.

Erstaunlicherweise ist sogar einigermaßen genau bekannt, wann sich die Deniliquin-Struktur bildete. Westlich von ihr ragt sie nämlich in einen vor rund 514 Millionen Jahren entstandenen Gebirgsgürtel hinein, während etwa 420 Millionen Jahre alte Granite ihrerseits den Krater durchschneiden und somit jünger sind. Genau in diesem Zeitraum liegt auch das zweitgrößte Massenaussterben der Erdgeschichte, bei dem rund 85 Prozent aller Tierarten untergingen – gegenüber dem Magazin »The Conversation« vermutet Glikson, dass der gigantische Einschlag Auslöser der Katastrophe gewesen sein könnte. Allerdings muss dazu erst einmal sicher nachgewiesen werden, dass es sich wirklich um einen Einschlagkrater handelt. Denn dafür verlangen Fachleute direkte Belege des Einschlags in Form von durch Stoßwellen und enorme Hitze veränderten Gesteinen. Zukünftige Tiefbohrungen sollen diese Belege liefern.

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