Insektensterben: Großbritanniens Bestäuber sind auf dem Rückzug
Immer mehr Studien deuten darauf hin, dass die Insektenvielfalt weltweit massiv zurückgeht. Eine Untersuchung von Forschern um Gary D. Powney vom Centre for Ecology and Hydrology in Wallingford liefert nun erstmals auch umfassende Daten aus Großbritannien, die diesen Trend bestätigen: Viele wichtige Bestäuberspezies sind offenbar auch im Vereinigten Königreich auf dem Rückzug, wie die Wissenschaftler im Fachmagazin »Nature Communications« schreiben.
Powney und seine Kollegen untersuchten, wie sich das Verbreitungsgebiet von insgesamt 353 Bienen- und Schwebfliegenarten zwischen 1980 und 2013 verändert hat. Dazu zogen sie mehr als 700 000 Sichtungsberichte von Naturforschern heran. Bei einem Drittel der untersuchten Arten verkleinerte sich das Verbreitungsgebiet merklich, nur zehn Prozent der Spezies konnten hinzugewinnen. Im Schnitt sind die Insekten inzwischen aus einem Viertel aller Regionen verschwunden, in denen sie 1980 noch zu finden waren.
Zu den wenigen Arten, die sich in den vergangenen Jahrzehnten vermehrt ausbreiten konnten, zählen vor allem Bestäuber, die für die Landwirtschaft eine wichtige Rolle spielen. Das trifft etwa auf die Graue Sandbiene (Andrena cineraria) zu, die Raps bestäubt, auf die erst 1993 beschriebene Efeu-Seidenbiene (Colletes hederae) sowie auf Schmalbienen der Art Lasioglossum pauxillum, die ihr Verbreitungsgebiet gleich auf das Fünffache seiner ursprünglichen Fläche ausdehnen konnten. Die Wissenschaftler vermuten, dass diese Entwicklung vor allem den verstärkten Bemühungen von Landwirten zu verdanken ist, diese Insekten etwa mit extra angepflanzten Wildblumen in der Nähe ihrer Felder zu halten.
Als Verlierer steht hingegen unter anderem die Grashummel (Bombus ruderarius) da, die 1980 noch in weiten Teilen von England, Wales und auch in manchen Regionen Schottlands zu finden war. Ihr Verbreitungsgebiet ist inzwischen um 42 Prozent zurückgegangen. Zottelbienen (Panurgus banksianus) mussten sogar Einbußen von 54 Prozent hinnehmen.
Powney und sein Team finden diese Entwicklung bedenklich. Schließlich seien auch Insekten, die keine Nutzpflanzen bestäubten, ein wichtiger Bestandteil eines gesunden Ökosystems. Sie dienten nicht nur als Bestäuber zahlreicher Wildpflanzen, sondern auch als Nahrungsquelle für andere Tiere. Die eine Ursache für den Rückgang vieler Bienen- und Schwebfliegenarten in Großbritannien gebe es nicht, sagen die Forscher. Der Verlust von Lebensraum sei aber wahrscheinlich ein entscheidender Faktor. Den Insekten, die vorwiegend im Norden des Vereinigten Königreichs leben, könnte zudem auch der Klimawandel zu schaffen machen. Sie ziehen kühlere Temperaturen vor und haben es demnach zunehmend schwerer, entsprechende Orte zu finden.
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