Gentherapie: Großbritanniens Parlament stimmt für "Drei-Eltern-Babys"
Das Unterhaus des britischen Parlaments stimmte heute dafür, zwei neue Techniken zur Heilung schwerer unheilbarer Erbkrankheiten gesetzlich zuzulassen. Das entsprechende Gesetz wurde mit 382 zu 128 Stimmen angenommen. Die Methoden namens Vorkerntransfer und Spindeltransfer kurieren erbliche Defekte der Mitochondrien, in denen die Energie liefernden chemischen Reaktionen der Zelle stattfinden. Solche Schäden, die nur von der Mutter auf die Kinder übertragen werden, führen meist zu schweren Behinderungen und verkürzen das Leben der Betroffenen deutlich. Bisher ist kein mit dieser Technik gezeugtes Kind geboren worden, das Verfahren wurde jedoch bereits an menschlichen Zellen erprobt und gilt als zuverlässig. Ein überwiegender Teil der medizinischen Fachwelt unterstützte die Zulassung im Vorfeld der Abstimmung, ebenso wie laut einer Umfrage der zuständigen Aufsichtsbehörde die Mehrheit der Bevölkerung.
Erbliche Mitochondriendefekte beruhen auf genetischen Veränderungen, allerdings nicht im Erbgut der Eizelle selbst, sondern in den Genen der Mitochondrien. Diese Organellen tragen eigene DNA mit 37 Genen, die nicht mit väterlichem Erbgut kombiniert werden – alle Mitochondrien im Körper stammen von jenen der Mutter ab. Die Verfahren, Schäden in diesem separaten Erbgut zu beseitigen, basieren auf der Technik des so genannten Kerntransfers: Der Kern einer Eizelle der Mutter wird auf eine entkernte Eizelle einer gesunden Spenderin – mit gesunden Mitochondrien darin – übertragen. Beide Methoden unterscheiden sich nur darin, wann die Befruchtung stattfindet: vor dem Kerntransfer oder danach. Mit dem Transfer ist die Krankheit dauerhaft geheilt.
Die katholischen und anglikanischen Kirchen kritisierten vor der Abstimmung die Zulassung und forderten mehr Zeit für eine öffentliche Diskussion. Bei den Verfahren finden keine Veränderungen am Erbgut selbst statt – damit ähneln sie eher einer Transplantation als einer gentechnischen Methode, obwohl sie genetische Defekte beheben sollen. "Es gibt keine solide ethische Basis dafür, das Verfahren abzulehnen", schrieb der Ethiker Julian Savulescu von der University of Oxford im "Guardian". Damit das Gesetz in Kraft tritt, muss nun noch das britische Oberhaus zustimmen. Das gilt jedoch als sehr wahrscheinlich, da diese Kammer sich nur selten gegen das Votum des gewählten Parlaments stellt.
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