News: Große haben's wärmer
Generell herrscht die Überzeugung vor, daß sich der Stoffwechsel von Reptilien mit zunehmender Größe verlangsamt. Die neuen Ergebnisse zeigen, daß dies nur bis zu einem bestimmten Punkt zutrifft. Bei Reptilien, die mehr als 50 kg wiegen, steigt der Stoffwechsel dann mit der Masse – da er eine Funktion der Kerntemperatur ist. Die Entdeckung, daß die Kerntemperatur mit zunehmender Masse steigt, führt zu dem Schluß, daß große Reptilien einen weit aktiveren Stoffwechsel besitzen, als man für ihre Größe erwarten würde. Dies hätte es auch großen Dinosauriern erlaubt, körperlich viel aktiver zu sein, als es bei einer konstanten Kerntemperatur, die von der Masse unabhängig ist, zu erwarten gewesen wäre.
Dieses Ergebnis ist für Paläontologen interessant, die über die Physiologie der Dinosaurier spekulieren und darüber, ob sie warmblütig waren, wie Vögel und Säugetiere, oder eben nicht. Warmblüter besitzen eine Physiologie, die den Körper trotz äußerer Einflüsse auf einer konstanten Temperatur hält. Im Gegensatz zu ihnen wird bei Reptilien die Körpertemperatur durch die äußere Umwelt bestimmt und kann, wie bei Krokodilen beobachtet, nur durch Verhalten reguliert werden. Tatsächlich sind die Begriffe endotherm bzw. ectotherm korrekter, da sie die Erzeugung von Wärme durch innere Mechanismen und durch die Umwelt berücksichtigen.
Die Frage ob Dinosaurier endotherm (warmblütig) oder ectotherm (kaltblütig) waren beschäftigt Paläontologen seit 150 Jahren. Als die Dinosaurier zum ersten Mal studiert wurden, Mitte des 19. Jahrhunderts, nahm man an, daß sie aktive Tiere waren, wie die Vögel. Später hielten Wissenschaftler sie für riesige ectotherme Reptilien – die sich langsam bewegten und auch im Kopf etwas "träge" waren. Obwohl sie theoretisch ectotherm waren, hätte es ihnen ihre Größe erlaubt, eine konstante Temperatur aufrechtzuerhalten, trotz eines Stoffwechsels von enormer Langsamkeit. Dieses Bild geriet in den 70ern ins Wanken, als sich auf der Grundlage neuer und aufregender Funde zeigte, daß Dinosaurier viel aktiver waren, als man geglaubt hatte. Es war allerdings schwer vorstellbar, wie ein ectothermes Reptil, sogar eines mit einer konstanten Kerntemperatur als Funktion der Größe, die hohe Stoffwechselrate aufbringen konnte, die erforderlich ist, um den aktiven Lebensstil, der durch die Fossilienfunde angedeutet wurde, zu unterhalten.
Die neue Arbeit zeigt, daß die Kerntemperatur und damit die Stoffwechselrate, als Funktion einer zunehmenden Masse steigt: Daher kann man sich also einen Dinosaur vorstellen, der so aktiv ist wie ein Säugetier oder ein Vogel, auch ohne eine ähnliche endotherme Physiologie. Das Blut der Dinosaurier könnte trotzdem bis zu 36 Grad Celsius warm gewesen sein.
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