Klimawandel: Grüner Schnee in der Antarktis
Eine von »grünem Schnee« bedeckte Küste: Dieses Naturschauspiel bietet sich Besuchern an den nördlichen Zipfeln der Antarktis. Forscher um Matt Davey von der University of Cambridge haben jetzt in der Fachzeitschrift »Nature Communications« die erste große Karte des grünen Schnees erstellt. Ursache der ungewöhnlichen Farbe sind Algen, die auf der Schneedecke wachsen – und die sich bei steigenden Temperaturen weiter ausbreiten werden, wie der Algenforscher und seine Kollegen vorhersagen.
Um den grünen Schnee zu kartieren, kombinierten sie eigene Messungen auf den Inseln Adelaide Island und King George Island mit Satellitenaufnahmen des Erdbeobachtungssatelliten European Space Agency's Sentinel-2 aus den Jahren 2017 bis 2019. Darauf sind die algenbedeckten Flächen selbst aus dem Weltraum noch zu erkennen. Die so genannten Algenblüten tauchen demnach nicht nur an der rund 1200 Kilometer langen Halbinselküste auf, sondern auch auf Inseln an der Westküste des Kontinents. Dort sei es im australischen Sommer (von November bis Februar) mit mittleren Temperaturen über null Grad Celsius vergleichsweise warm, schreiben die Forscher. Fast zwei Drittel der Algen blühten in einem Umkreis von fünf Kilometern um eine Pinguinkolonie. Außerdem würden die Ausscheidungen von Tieren wie Möwen und Robben zum Algenwachstum beitragen, da sie als eine Art natürlicher Dünger dienten. Knapp die Hälfte der Algen befand sich höchstens 100 Meter entfernt vom Meer.
Auf der Antarktischen Halbinsel bedeckt die Algenblüte rund 1,95 Quadratkilometer und bildet rund 1300 Tonnen Biomasse, haben die Forscher errechnet. Da Algen bei der Fotosynthese Kohlenstoffdioxid aus der Luft aufnehmen, binden sie damit rund 479 Tonnen pro Jahr, eine Menge, die 875 000 britische Autos bei einer durchschnittlichen Fahrt ausstoßen. »Schneealgen sind der Schlüssel dafür, dass der Kontinent über Fotosynthese Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre holen kann«, erläutert Davey in einer Pressemitteilung.
Die meisten Algen leben im Wasser und breiten sich schnell aus, wenn sie viel Stickstoff und Phosphor zur Verfügung haben. Sollten die Temperaturen wie zuletzt weitersteigen, könnten die Schneedecken auf den Inseln allerdings schmelzen und damit auch die Algen verschwinden, schreiben die Forscher. Eisfreier Boden mache derzeit nur rund 0,18 Prozent der Landfläche aus, und selbst auf der Halbinsel nur 1,34 Prozent. Doch auch wenn das Eis schmelzen sollte, werde die Gesamtmasse an Algen wahrscheinlich weiterwachsen, denn sie könne sich in höher gelegenen Regionen ausbreiten und so den Verlust an den Küsten und auf den Inseln ausgleichen. Das Team will das Ergrünen des Eiskontinents weiterverfolgen, mit Satellitenbildern sowie Feldforschung in der gesamten Antarktis.
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