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Entwicklungsphysiologie: Gut ernährt ist schnell gelehrt

Einen satten Vorsprung gewinnt, wer eine behütete Kindheit genießt und von Muttern immer ausreichend mit hochwertig Nahrhaftem versorgt wird. Wehe aber, die Eltern vernachlässigen ihre Pflichten: Dann drohen Lernschwierigkeiten im späteren Leben - zumindest bei Ziervögeln.
Zebrafinken
Zebrafinken (Taeniopygia guttata) sind recht possierliche Vögelchen mit hübscher Gefiederzeichnung und noch dazu pflegeleicht, was sie zu beliebten Haustieren auf der ganzen Welt werden ließ. Zu einem Lieblingsobjekt der Verhaltensforscher wurden sie aber vor allem durch ihr äußerst verträgliches Miteinander und auch durch ihren unbedingten Willen zur unproblematischen Nachzucht – die Finken produzieren immer ausreichend Anschauungsmaterial.

Anhand der clownesken Sperlinge deckten Wissenschaftler etwa Neues zur Partnerwahl von Vögeln auf. Vor allen anderen Dingen interessiert die Gelehrten aber hauptsächlich, wie kleine Zebrafinken lernen und wo im Hirn sie ihre neuen Fähigkeiten abspeichern.

Zebrafink an der Nestbox | Wehe die Eltern bringen keine Qualität an den Kasten, dann könnte der Nachwuchs später Lernschwierigkeiten bekommen. Aber nicht wegen der Mangelernährung, sondern womöglich weil sie später zu viel Stress während ihrer körperlichen Aufholjagd haben.
Unter den Themenbereich "Lernen" fallen auch die neuen Ergebnisse der Forschergruppe um Pat Monaghan von der Universität Glasgow. Sie wollte wissen, wie sich eine frühkükliche Mangelernährung später auf die kognitiven Fähigkeiten der Tiere auswirkt. Immerhin bewirkt eine unzureichende Diät bei Vögeln – wie beim Menschen – eine verzögerte Entwicklung etwa des Körperbaus oder der Motorik. Verbessert sich dann während der Kindheit oder Pubertät die Versorgungslage, können die Heranwachsenden diese Nachteile zumindest physisch wettmachen und zu ihren normal entwickelten Altersgenossen aufschließen.

Was aber ist mit Lernen, Bildung oder ganz allgemein der Intelligenz der in der frühen Jugend Benachteiligten? Die Forscher trennten gleich nach dem Schlüpfen die Zebrafinkenküken und fütterten sie zwanzig Tage lang nach Speiseplänen mit gleichen Quantitäten, aber unterschiedlicher Qualität – mit dem Ergebnis, dass die schlecht versorgten Jungvögel langsamer wuchsen und leichter waren als ihre Geschwister.

Diesen Rückstand holten sie jedoch rasch wieder auf, als auch sie mit einem adäquaten Mix aus Kohlehydraten, Proteinen und Vitaminen gepäppelt wurden: Durch die überproportionalen Wachstumsraten wichen sie im Erwachsenenalter in Größe und Gewicht nicht mehr vom Standard ab. Die Ausmaße des erst gebremsten und dann beschleunigten Aufwachsens waren allerdings individuell sehr unterschiedlich – die Küken, die dem Zeitplan am deutlichsten hinterher hinkten, waren anschließend nicht jene, die ihre Aufholjagd am stärksten beschleunigten.

Doch gerade die Geschwindigkeit hat wohl ihren Preis: Sobald sie ausgewachsen waren, mussten die Versuchsfinken diverse Lerntests absolvieren, bei denen die Tiere anhand von Farbsignalen entscheiden sollten, hinter welcher Abschirmung sich ein Leckerbissen verbarg. Und hier schnitten gerade jene Exemplare am schlechtesten ab, die ihre Pubertät auf der Überholspur verbrachten, denn sie benötigten am längsten, bis sie die vorgegebene Aufgabenstellung erfolgreich umsetzen konnten.

Dagegen präsentierten sich die ebenfalls fehlernährten, aber langsameren Nachzügler etwas besser, sodass die Wissenschaftler die kognitiven Verzögerungen weniger auf den Mangel in der Kükenphase als auf den rapiden Wachstumsschub in der Adoleszenz zurückführen.

Unklar ist jedoch noch, welche Mechanismen genau diese Lernschwierigkeiten auslösen: Möglich wäre beispielsweise ein zu hoher Corticosteron-Wert im Körper. Dieses Hormon wird vermehrt bei Stress gebildet und könnte das Verhalten der Vögel beeinflussen. Zudem ist bekannt, dass es den Hippokampus irreversibel schädigen kann – und damit eine Hirnregion, die für das Lernen und das Gedächtnis wichtig ist. Ebenso wäre denkbar, dass sich im Körper in dieser Phase viele freie Radikale bilden, die wiederum die hohen Mengen mehrfach ungesättigter Fettsäuren im Denkapparat der Tiere und damit dessen Aufbau negativ beeinflussen.

Weitere Studien sollen nun diese Fragen klären. Aber Monaghans Team bietet wenigstens noch eine gute Nachricht zum Schluss: Bei den Zebrafinken erfüllten am Ende auch alle Nachzügler ihre Aufgaben so gut wie ihre bevorteilten Kollegen – auch wenn ihr Lernprozess ein wenig länger dauerte.

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