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Gynophilie: Viele Frauen finden Frauen unbewusst schöner

Laut einem psychologischen Test fühlen sich auch die meisten Frauen eher von Frauen angezogen. Doch das sagt nicht unbedingt etwas über ihre sexuelle Orientierung aus.
Zwei Personen stehen vor einer orangefarbenen Wand und schauen sich lächelnd an. Die Person links hat kurzes, blondes Haar und trägt ein gestreiftes T-Shirt. Die Person rechts hat dunkles, schulterlanges Haar und trägt ein dunkles Oberteil. Beide wirken entspannt und glücklich.
Gynophile Menschen fühlen sich von Frauen angezogen. (Symbolbild)

Die meisten Männer sind »gynophil«: Sie fühlen sich stärker zu Frauen als zu Männern hingezogen. Überraschenderweise könnte das auch für die Mehrheit der heterosexuellen Frauen gelten – jedenfalls laut ihren unbewussten Reaktionen in einem psychologischen Test. Das berichtet ein italienisches Forschungsteam in der Fachzeitschrift »The Journal of Sexual Medicine«. Der Anthropologe Andrea Camperio Ciani von der Universität Padua und die Psychologin Daiana Colledani von der Universität La Sapienza in Rom hatten für ihre Onlinestudie knapp 500 Frauen aus Europa, Afrika, Asien, Süd- und Nordamerika sowie Ozeanien angeworben, darunter überdurchschnittlich viele junge und gebildete Frauen und somit keine repräsentative Stichprobe.

Die Probandinnen absolvierten unter anderem einen Impliziten Assoziationstest (IAT): Per Knopfdruck sollten sie so schnell wie möglich angeben, ob zwei auf einem Bildschirm gezeigte Begriffe zueinander passen. Der erste bezeichnete jeweils ein weibliches oder ein männliches Merkmal, darunter Wörter wie »Brüste«, »Männlichkeit« oder »Bart«; der zweite repräsentierte eine mehr oder minder starke Anziehung oder Abneigung, zum Beispiel »Erregung«, »Liebe« oder »Ekel«. Je stärker zwei Begriffe im Gedächtnis miteinander verbunden sind, desto schneller die Reaktion. Auf diese Weise soll der IAT unbewusste Einstellungen aufdecken.

In allen untersuchten Regionen assoziierte ein Großteil der Frauen positive Attribute wie Liebe und Erregung mehr mit weiblichen als mit männlichen Merkmalen. Im Mittel waren 68 Prozent dem Test zufolge gynophil – obwohl sich rund 80 Prozent als heterosexuell einordneten (15 Prozent als bi- und 5 Prozent als homosexuell). »Frauen können sich zu anderen Frauen hingezogen fühlen, auch ohne sexuelle Kontakte mit Frauen haben zu wollen«, so interpretieren Camperio Ciani und Colledani ihre Ergebnisse. Gynophile Frauen müssten also nicht unbedingt bi- oder homosexuell sein. Die Forschenden glauben außerdem, dass Frauen in ihren sexuellen Vorlieben »fluider« sind, also weniger festgelegt als Männer.

Als sie die IAT-Daten genauer analysierten, fanden sie aber noch eine andere Erklärung: Die Probandinnen fühlten sich vor allem ästhetisch mehr zu Frauen als zu Männern hingezogen. Kurz: Männer wie Frauen finden zwar mehrheitlich, dass Frauen das schönere Geschlecht sind. Doch der Fortpflanzung zuliebe hat die Natur es offenbar so eingerichtet, dass diese Form der Gynophilie bei Frauen nicht zwangsläufig auch über die sexuelle Orientierung entscheidet.

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  • Quellen
The Journal of Sexual Medicine 22, 10.1093/jsxmed/qdae162, 2025

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