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News: Haben Herzleiden und Krebs eine gemeinsame genetische Verbindung?

Das Wachstum von Zellen wird unter anderem von verschiedenen Wachstumsfaktoren kontrolliert, die an Rezeptoren in der Zellhülle binden. Eine Mutation in einem dieser Rezeptoren kann sowohl Dickdarmkrebs auslösen als auch zu Arteriosklerose führen.
Herzleiden und Krebs, zwei der häufigsten Todesursachen in den Industrienationen, haben vielleicht eine gemeinsame genetische Ursache. Diese Auffassung vertreten Forscher des Medical College der Cornell University. Ihre Erkenntnisse haben sie in der Zeitschrift Journal of Clinical Investigation (Ausgabe vom 1. November) veröffentlicht. Timothy McCaffrey und seine Kollegen denken, daß Arteriosklerose wie auch einige Krebsarten auf eine Mutation in einer einzigen Zelle zurückzuführen sein könnten.

„Wir haben jahrzehntelang vermutet, daß Krebs und Herzkrankheiten dieselben Ursachen zugrunde liegen, insbesondere deren Neigung, von dem abnormalen Wachstum einer einzelnen Zelle auszugehen”, sagt McCaffrey. „Wir haben einen konkreten molekularen Defekt gefunden, der ein Marker für diesen Prozeß sein kann und auf Mechanismen hindeutet, die das Auftreten dieses Prozesses bestimmen."

Arteriosklerose bzw. die Blockade der Herzkranzarterien ist die am weitesten verbreitete Ursache von Herzkrankheiten. Bei dieser Krankheit wandern weiche Muskelgewebszellen in die innere Schicht des Blutgefäßes und vermehren sich stark. Das unkontrollierte Wachstum führt zur Verstopfung des Blutgefäßes. Ferner ist bekannt, daß der Wachstumsfaktor TGF-beta ein starker Hemmstoff für das Zellwachstum ist. Arteriosklerose ist jedoch gegenüber den günstigen Wirkungen von TGF-beta resistent.

Daher haben sich McCaffrey und seine Kollegen dazu entschlossen, nach Defekten in jenem Gen zu suchen, das einen der Zellrezeptoren von TGF-beta codiert: den Typ II TGF-beta-Rezeptor oder RII-Gen. Ihre Argumentation basierte auf vorausgegangenen Studien anderer Forscher, die zeigen, daß das RII-Gen auch in Tumorzellen im Dickdarm verändert ist, besonders in jenem Genbereich, der einen Strang von zehn Adenosin-Basen enthält (Adenosin ist eine der vier Basen, aus denen die DNA besteht). Diese Adenosin-reiche Region ist während der Reproduktion der DNA anfällig für Mutationen. Diese Mutationen wiederum bewirken die Unempfindlichkeit gegenüber den Wirkungen von TGF-beta, was dann zu Krebs führen kann.

McCaffrey und seine Kollegen entdeckten Mutationen im gleichen Gebiet des Gens in arteriosklerotischem Gewebe. Dieses legt den Schluß nahe, daß bei einigen Patienten beiden Krankheiten der gleiche Mechanismus zugrunde liegt.

„McCaffreys Forschungen ermöglichen uns ein neues Verständnis für die zwei am weitesten verbreiteten Krankheiten in Zusammenhang mit dem Altern: Krebs und Arteriosklerose. Die Tatsache, daß ein ähnlicher Mechanismus (d.h. eine Mutation in der DNA einer einzelnen Zelle) eine Rolle in so unterschiedlichen Krankheiten wie Krebs und Arteriosklerose spielen kann, legt nahe, daß andere Alterskrankheiten gleichfalls auf die Mutation einer einzelnen Zelle zurückgeführt werden können”, sagt Dr. David Finkelstein vom National Institute on Aging.

„Wir halten diese Ergebnisse für wichtig, denn sie ebnen uns neue Wege zum Verständnis von Herz- und Gefäßerkrankungen”, stellt McCaffrey fest. „Der TGF-beta-Rezeptor ist eine Einrichtung, die normalerweise eine starke Zellvermehrung unterdrückt, und ihre Deaktivierung führt zu einem langsamen, doch unkontrolliertem Wachstum in der Arterie.”

„Jedoch”, fügt McCaffrey hinzu, „kennen wir andere Systeme, die gleichfalls Wachstum unterdrücken, und so wird es sehr interessant sein festzustellen, ob diese anderen Systeme bei Patienten beeinträchtigt werden. Indem wir die am am meisten verbreiteten beeinträchtigten Systeme herausfinden, können wir diagnostische und therapeutische Strategien entwickeln, die diese Systeme gezielt ansprechen oder aber Behandlungsmethoden optimieren, die die fehlerhaften Systeme umgehen.”

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