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Botanische Innovationen: Hahnenfuß lockt Bestäuber mit allen Tricks

Die Allerweltsblümchen des Hahnenfußes kennen Kniffe, die keine andere Pflanze im Repertoire hat: Ihre geheizten Blüten locken Bestäuber mit einem ölig schillernden Farb-Leitstrahl.
Ein Hahnenfuß blüht schön gelb auf der Wiese

Die rund 500 Vertreter von Ranunculus-Arten, dem Hahnenfuß, verfügen über besonders pfiffig gebaute Blütenblätter, die im gesamten Pflanzenreich sonst nicht vorkommen: Ihre für uns eher schlicht gelben Blüten schillern bei genauer Betrachtung in einem öligen, spiegelnden Film, dessen physikalische Grundlagen Botaniker seit rund 100 Jahren zu ergründen versuchen. Forscher um Casper van der Kooi von der Université de Lausanne meinen, dass die Blumen eine einzigartige Kombination von Struktur- und Pigmentfarben einsetzen, die von Bestäubern auch aus weiter Entfernung noch gut zu erkennen ist – und sie beim Anflug wie ein Richtstrahl zielsicher ins Zentrum der Blüte leitet.

Die Forscher hatten verschiedene Hahnenfuß-Kronblätter fotografisch und unter dem Elektronenmikroskop untersucht und dabei eine typische Oberflächenstruktur ausgemacht: Die obere, nur aus einer Zellschicht gebildete Epidermis der Blütenblätter ist extrem glatt und enthält Pigmente, die blaues Licht stark absorbieren und gelbe Wellenlängen reflektieren. Unter dieser Schicht finden sich Luftpolster, darunter Stärkekörner – eine Anordnung, die durch Interferenzeffekte den schillernden Spiegeleffekt bewirkt. Zudem werden nicht vom Pigment reflektierte Lichtwellen an der Stärkeschicht gestreut und zurückreflektiert, was blaues Licht erneut filtert und am Ende den Gelbeffekt verstärkt.

Der Trick dürfte dem Hahnenfuß gerade bei stärkerem Sonnenschein Vorteile gegenüber der Konkurrenz um fliegende Bestäuber verschaffen, glauben die Forscher: Der Blütenkelch wird der Sonne nachgeführt und könnte sich zu einer Art Lichtblitz-Leitstrahl bündeln, mit dessen Hilfe Bienen und Hummeln auch aus größerer Entfernung zur einzelnen Blüte navigieren können.

Hahnenfuß-Blüten nutzen ihren Pigmentspiegel zudem vielleicht noch für einen weiteren Vorteil: Bei bedecktem Himmel schließen sie den Blütenkelch, folgen aber trotzdem der Sonne, soweit sie durch die Wolkenschicht auszumachen ist. Dabei wird das auf die Kelchblätter einfallende Restlicht auf die Staub- und Fruchtblätter im Inneren der Blüte gelenkt, was dort die Temperatur erhöht. Womöglich können so Pollen schneller reifen, spekulieren die Forscher. Und, so vermuten sie: Hungrige Bienen fliegen wahrscheinlich auf heiße Blüten.

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