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Hydrologie: Halten Wüstenpflanzen die Wüsten trocken?

Die Wüste grünt
Außergewöhnlich intensive Regenfälle – etwa während so genannter El-Niño-Jahre – führen nicht unbedingt zu einer Erhöhung der Bodenfeuchte und des Grundwasserspiegels in Wüstengebieten, da die durch die Niederschläge rasch aufkommende Vegetation das zusätzliche Wasser aufnimmt und wieder verdunstet. Dadurch können die Pflanzen anscheinend über mehrere tausend Jahre hinweg Wüstenböden in einem sehr trockenen Zustand halten.

Dies ist das Ergebnis einer Studie von Wissenschaftlern um Bridget Scanlon von der Universität von Texas in Austin, die in einer achtjährigen Messperiode von 1994 bis 2002 den Wassergehalt von Böden der Mojave-Wüste in Nevada beobachteten. Dazu verwendeten sie als Lysimeter bezeichnete Behälter, die mit möglichst ungestörtem Bodenmaterial gefüllt sind und Wasserbewegungen unter der Erdoberfläche nachverfolgen.

Niederschläge während La Niña | Auf El Niño folgt immer La Niña, und mit ihr kommt sehr heißes und trockenes Wetter, sodass die Niederschläge in amerikanischen Wüsten unter den normalerweise zu erwartenden liegen. Für die Vegetation spielt das keine Rolle: Sie ist daran angepasst. Selbst in Jahren, in denen es viel regnet, braucht sie das Niederschlagswasser vollständig auf und hält so den Boden dauerhaft trocken.
Innerhalb der acht Jahre kam es zu zwei El-Niño-Ereignissen, die kälteres und feuchteres Wetter in die Wüste brachten und damit die Entwicklung einer relativ dichten Vegetation erlaubten. Doch selbst während des extremen El Niños von 1997 bis 1998 mit 250 Prozent höheren Niederschlägen als in normalen Jahren verbrauchten die aufwachsenden Pflanzen das zusätzliche Wasser schnell und gründlich innerhalb von zwei Monaten, wie die Forscher maßen. Dagegen gelangte praktisch keine zusätzliche Feuchtigkeit in das Grundwasser.

Lysimeter | Mit Lysimeter genannten Kästen messen Wissenschaftler den Wasserhaushalt und die Wasserbewegung von Böden, die beim Einbringen der Vorrichtung möglichst ungestört bleiben sollen. Anhand dieser Vorrichtung erkannten US-Forscher, dass Pflanzen selbst in Jahren mit außergewöhnlichen Niederschlägen jegliches Wasser in Wüstengebieten aufbrauchen, sodass keines dem Grundwasser zugeführt wird.
Beim Aufsaugen der Flüssigkeit gehen die Pflanzen zudem selektiv vor und lassen die im Wasser vorhandenen Chlorid-Ionen im Bodensubstrat zurück. Durch Messung der Chlorid-Konzentrationen im Boden konnten die Forscher dann Rückschlüsse daraus ziehen, in welche Richtung der Wassertransport seit dem Ende der letzten Feuchteperiode – der Eiszeit – vornehmlich erfolgte: War der Chlorid-Gehalt gering, fand vornehmlich Versickerung statt, im umgekehrten Fall der Verdunstung war er dagegen hoch. Die Pflanzen sorgten durch die Saugkraft ihrer Wurzeln zu einer fortschreitend tiefer liegenden Chlorid-Anreicherung – und damit für eine weitere Austrocknung der Böden.

Die beteiligten Wissenschaftler gehen nun davon aus, dass die Pflanzen durch diese Fähigkeit erhöhte Niederschläge in Wüstengebieten der Erde bei einem Klimawandel bis zu einer gewissen Grenze abpuffern und damit ihren Lebensraum erhalten können. Ihrer Meinung nach hat dies auch weit reichende Konsequenzen für die Entsorgung von radioaktiven oder anderen gefährlichen Abfällen in unterirdischen Speichern in der Wüste, da sie durch die Saugkraft der Pflanzen nicht von Wasser erreicht und ausgewaschen werden können.

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