Wahrnehmung: Handschriftliche Blicke
Eine Wespe, die laut summend durchs Zimmer fliegt, zieht den Blick unwillkürlich an. Die Augen bewegen sich in derselben Geschwindigkeit wie das beobachtete Objekt und halten so dessen Abbild immer im Punkt des schärfsten Sehens auf der Netzhaut. Diese langsamen Augenfolgebewegungen lassen sich normalerweise nicht willentlich steuern. Jean Lorenceau von der Pariser Université Pierre et Marie Curie entwickelte nun eine Technik, mit der es doch funktioniert.
Die sechs Probanden des französischen Wissenschaftlers sahen auf einem Bildschirm zufällig angeordnete Lichtpunkte, deren Helligkeit schnell wechselte. Sobald der Blick eines Versuchsteilnehmers über diese Punktemenge schweifte, nahm der Proband eine scheinbare Bewegung wahr. Die Augen folgten somit nicht einem wandernden Objekt, sondern sie lösten selbst die Bewegungswahrnehmung aus. Die langsamen Augenfolgebewegungen ließen sich daher nach einem etwa 30-minütigen Training willentlich steuern. So konnten die Probanden einzelne Zahlen, Buchstaben und schließlich sogar ganze Wörter mit den Augen schreiben.
Zwar schafften es nicht alle Probanden, ihre Blicke voll zu kontrollieren. Lorenceau ist jedoch überzeugt, dass mit längerem Training jeder dazu in der Lage sei. Für gelähmte Menschen biete diese Technik neue Wege der Kommunikation – eine Unterschrift oder gar ein Gemälde könnte durch bloße "Augenblicke" möglich sein.
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben