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Fundamentale Physik: Hatten Naturkonstanten immer den selben Wert?

Würde der Wert von Naturkonstanten von der Zeit oder dem Ort im Universum abhängen, dann dürften Wissenschaftler auf der Erde gefundene Naturgesetze nicht einfach auf den fernen Kosmos übertragen. Zum Glück fand nun aber ein Astronomenteam mit dem Effelsberger Radioteleskop heraus, dass zumindest das Verhältnis der Elektronen- zur Protonenmasse in den letzten sieben Milliarden Jahren so gut wie konstant war.
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Ob Naturkonstanten wirklich konstant sind, ist eine heikle Frage in der Physik. Kürzlich gelang es einem Astronomenteam, diesem schwierigen Thema auf den Zahn zu fühlen: Sie vermaßen das Spektrum des Alkoholmoleküls Methanol und überprüften damit die Zeitunabhängigkeit des Massenverhältnisses zwischen Elektronen und Protonen. Dieses ist eine wichtige Naturkonstante.

Es zeigte sich, dass sich dieses Massenverhältnis in den letzten sieben Milliarden Jahren maximal um einen Faktor von 10-7 änderte. Mit hoher Wahrscheinlichkeit trat jedoch gar keine Änderung auf. Sofern sich die Konstante überhaupt verändert haben sollte, waren demnach mindestens ihre ersten sechs Nachkommastellen in den letzten sieben Milliarden Jahren konstant.

Den Wert dieser Naturkonstante erforschten die Astronomen an dem Gravitationslinsensystem PKS 1830-211. In diesem System steht eine massereiche Galaxie in der Sichtlinie zu einem Blazar. Auf Grund ihrer großen Entfernung zeigt sich diese Galaxie jedoch so, wie sie vor sieben Milliarden Jahren aussah. Der Blazar in ihrem Hintergrund sendet intensive Radiostrahlung aus. In der Galaxie enthaltenes Methanol absorbiert aus dieser Strahlung in einzelnen Wellenlängen Licht und hinterlässt damit dunkle Absorptionslinien in Spektrum des Blazars.

Radioteleskop Effelsberg | In einem abgeschiedenen Tal unweit von Bad Münstereifel-Effelsberg leistet das 100-Meter-Teleskop des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie seit rund vier Jahrzehnten grundlegende Beiträge zur astronomischen Forschung – sowohl als Einzelinstrument als auch im weltweiten Verbund mit anderen Radioteleskopen.
Mit dem 100-Meter Radioteleskop in Effelsberg konnten Astronomen in diesem Gravitationslinsensystem vier Spektrallinien von Methanol nachweisen, die vor mehr als sieben Milliarden Jahren entstanden. Die Stärke von zweien dieser Linien reagiert empfindlich auf das Massenverhältnis zwischen Protonen und Elektronen. Die Stärke der anderen beiden Linien ist jedoch beinahe unabhängig davon. Indem die Forscher das Methanolspektrum, wie sie es in PKS 1830-211 maßen, mit Laborspektren verglichen, konnten sie zeigen, dass es vor sieben Milliarden Jahren genauso aussah wie heute. Dies ist nur möglich, wenn das damalige Massenverhältnis von Elektronen und Protonen den heutigen Wert besaß.

Durchgeführt wurde diese Forschung von Julija Bagdonaite von der VU-Universität Amsterdam und ihren Teamkollegen. In ihrer Veröffentlichung schreibt das Team selbst, dass im Rahmen der Messgenauigkeit das Massenverhältnis als konstant erachtet werden kann.

Das ist eine gute Nachricht für Astrophysiker, welche die Weiten des Kosmos erforschen. Wären Naturkonstanten nämlich zeitabhängig, dann könnten die auf der Erde gefundenen physikalischen Gesetze nicht ohne weiteres auf den fernen Kosmos angewandt werden, da wir mit dem Blick hinaus ins Universum auch in dessen Vergangenheit schauen.

  • Quellen
Pressemitteilung der Max-Planck-Gesellschaft vom 13. Dezember 2012. Originalarbeit "A Stringent Limit on a Drifting Proton-to-Electron Mass Ratio from Alcohol in the Early Universe" von Julija Bagdonaite et al., erschienen in Science Express, 13. Dezember 2012. Science DOI: 10.1126/science.1224898

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